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Fiktionen in der Mathematik
haben immer einen Punkt gemein, zwei Ebenen immer eine
Gerade. Statt dessen kann ich sagen: Zwei Bahnen in einem
Feld haben nicht immer eine Stelle gemein, aber immer eine
Monade; zwei Felder haben nicht immer eine Bahn gemein,
aber immer eine D y a d e “ 315 ).
Daß die eben besprochene Gefahr für den Mathematiker
selbst nicht so groß ist, da er weiß, von welcher Grundlage er
bei Verwendung eines Begriffs ausgeht, wird auch von Pasch
zugegeben; daß aber für Außenstehende Grund zu Mißver
ständnissen gegeben ist, kann nicht bestritten werden.
Dem soll nun nicht dadurch abgeholfen werden, daß man
die Begriffsbildung des Mathematikers gewaltsam einengt,
sondern durch Unterscheidungen in der Namengebung, wo
diese irgend angängig ist. Daß die gewöhnliche Sprache hier
gelegentlich versagt und oft die gewünschte Eindeutigkeit ver
missen läßt, führte zu den mannigfachen Versuchen der Aus
bildung eines Logik-Kalküls.
M, Pasch verwendet aber selbst in seinen Schriften die
Worte Punkt, Linie,... in verschiedenen Bedeutungen, zuletzt
im Sinn des mathematischen Punktes, der mathematischen
Linie usw. 316 ); dasselbe gilt für den Zahlbegriff, den er als ab
geleiteten Begriff zunächst für die natürlichen Zahlen, dann
für die 0, dann für negative und gebrochene, schließlich sogar
für irrationale und imaginäre Zahlen einführt, ohne Andeu
tung eines Zweifels in die Rechtmäßigkeit seines Verfahrens.
Von Widersprüchen mit der Logik sagt er nichts; er bemüht
sich im Gegenteil, überall bei seinen Begriffserweite
rungen deren Rechtmäßigkeit und Widerspruchslosigkeit
nachzuweisen.
In „Mathematik und Logik“ heißt es: „Der Kundige hand
habt die übertragenen Ausdrücke und Redewendungen mit
Sicherheit und macht sie nutzbar, wie Werkzeuge, in denen
weittragende Erkenntnisse sich verkörpern.“
Dagegen meint Pasch: „Von den sprachlichen Bildungen
jedoch, die durch den ihnen zukommenden, wenn auch über
tragenen Sinn ihre Rechtfertigung finden, ja deren Dasein