Fiktionen in der Mathematik
den Grundgebilden der Mathematik Fiktionen sehen, indem
man betont, es handle sich beim mathematischen Punkt, der
Linie usw. um logische, begrifflich festgelegte Dinge, also um
Unwirkliches; Fiktionstypus A 2 .
c) Vom idealistischen Standpunkt aus, wie er von L. Nel
son als Vertreter der Friesschen Schule, von P. Natorp als
Repräsentant der Marburger Schule, aber auch von E. Hus-
serl in dieser Frage vertreten wird, ist den Grundgebilden der
Geometrie außer der Widerspruchslosigkeit auch Existenz zu
zuschreiben. Diese ist zwar etwas völlig anderes als die empi
rische Wirklichkeit, aber doch wieder streng von der bloßen
logischen Möglichkeit (der widerspruchsfreien Defi
nition) zu unterscheiden. Nach der Auffassung dieser Richtung
haben wir es hier mit einer Erkenntnisquelle zu tun, die von
der Sinneswahrnehmung ebenso zu unterscheiden ist wie von
der logischen Deduktion. Die Axiome werden als synthetische
Urteile a priori betrachtet, die ihren Ursprung in der „reinen
Anschauung“ haben.
d) Der Konventionalismus dagegen will die Axiome nicht
den empirischen Sätzen zuweisen, sie aber auch nicht als syn
thetische Sätze a priori anerkennen; er betrachtet sie als
Konventionen, als implizite Definitionen der Grundbegriffe.
Spricht man bei dieser Auffassung von Existenz der geometri
schen Grundgebilde, so muß auch Existenz in einem neuen
Sinn verstanden werden, sie kann nur noch in der wider
spruchsfreien Definition gesehen werden 353 ).
Es steht nichts im Wege, in diesem Fall von Fiktionen zu
reden 359 ), aber man kann dabei nur das Merkmal der Un
wirklichkeit und evtl, der Zweckmäßigkeit betonen; es kann
sich aber auch um die Fiktionstypen C« und C 8 handeln.
Sollen wir schließlich noch die eigene Stellungnahme zu
dem fraglichen Problem präzisieren, so gestehen wir, daß wir
einen Aufbau der Mathematik auf rein empiristischen Fun
damenten nicht für möglich halten, sondern apriorische
Elemente in denselben voraussetzen.
Innere Widerspruchslosigkeit eines geometrischen wie über
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