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natürlichen Zahlen
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kens“ möglich sei, in welchem Falle die Behauptung, daß die
Arithmetik eine analytische Wissenschaft sei, nur in einem
sehr eingeschränkten Sinn als richtig zugelassen werden
könnte, betont Heymans, daß nicht die analytische oder syn
thetische Entstehungsweise der in einem Urteil verkommen
den Begriffe, sondern nur die des Urteils selbst dieses
analytisch oder synthetisch mache; sonst würde es keine
analytischen Urteile geben, da schon die Begriffsbildung eine
synthetische Denkfunktion sei. Das führt uns zu dem eigent
lichen Kern des ganzen Problems.
Wenn wir den Begriff des analytischen Urteils so nehmen,
wie hier G. Heymans, so müßte in der Mathematik jeder Satz,
der sich rein deduktiv aus einem vorgelegten Axiomensystem
ergibt, als analytisch gelten.
Daß die Arithmetik auf ein solches Axiomensystem ge
gründet werden kann, ist für den Mathematiker längst kein
Geheimnis mehr; aber in derselben Weise ist auch die Geo
metrie auf ein Axiomensystem gründbar, und zwar nicht bloß
die Euklidische Geometrie, sondern ebenso alle andern
geometrischen Systeme. Wir müssen deshalb mit demselben
Recht von den verschiedenen Geometrien, insbesondere auch
von der Euklidischen Geometrie, sagen können, ihre Sätze
seien analytisch. Das bestreitet aber Heymans. Warum?
Er meint, es lasse sich die Möglichkeit denken, daß schon
für die Aufstellung der Definitionen synthetische Voraus
setzungen erforderlich wären, in diesem Sinne weise König
durchaus zutreffend auf die geometrischen Sätze hin, die auch
auf selbstgeschaffene, aber durchaus nicht frei-
geschaffene Objekte sich bezögen.
Damit gibt aber Heymans tatsächlich seine Begriffsbestim
mung des analytischen Urteils auf und ersetzt sie durch eine
andere. Jetzt soll ein Urteil nur dann analytisch heißen, wenn
es aus einem Begriff oder Begriffssystem abgeleitet wird, die
vollständig willkürlich gewählt sind. Von der Zahlenreihe
aber glaubt Heymans, daß sie eine in jedem Sinne freie Kon
struktion sei. Den Beweis dafür bleibt er schuldig.