Full text: Fiktionen in der Mathematik

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Fiktionen in der Mathematik 
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Es wurde schon vielfach behauptet, daß die Grundlagen der 
Zahlenlehre, und damit der reinen Mathematik, in diesem Sinne 
analytisch seien, so besonders in neuerer Zeit von Vertretern 
des Logik-Kalküls, namentlich von Couturat; allerdings soll 
dann die Logik in weiterem Sinne verstanden werden als in 
dem der aristotelischen Syllogistik. 
Aber die Zahl derer, die bestreiten, daß die Mathematik aus 
der Logik allein begründet werden könne, ist nicht gering. 
Nicht nur in philosophischen Kreisen, sondern auch bei her 
vorragenden Mathematikern, findet man die Auffassung, daß 
die mathematischen Axiome einen alogischen Kern enthalten, 
und zwar nicht nur die geometrischen, sondern auch die arith 
metischen. 
Wir beschäftigen uns nun zunächst mit der Auffassung, nach 
der die ganze Zahlenlehre rein logisch begründet werden kann. 
Hier ist an erster Stelle G, F r e g e zu nennen, der die Ge 
setze der Arithmetik durch die Mittel der formalen Logik 
allein zu begründen sucht. Er hat nach Ansicht von D. Hil 
bert die wesentlichen Eigenschaften des Begriffs der ganzen 
Zahl sowie die Bedeutung des Schlusses der vollständigen In 
duktion richtig erkannt, setzt sich aber gewissen mengen- 
theoretischen Paradoxien aus, die zeigen, daß die Auffassun 
gen und Untersuchungsmittel der Logik, im hergebrachten 
Sinne aufgefaßt, nicht den strengen Anforderungen, die die 
Mengenlehre stellt, gewachsen sind. „Die Vermeidung solcher 
Widersprüche und die Klärung jener Paradoxien ist (viel 
mehr) bei den Untersuchungen über den Zahlbegriff von vorn 
herein als Hauptziel ins Auge zu fassen“, sagt Hilbert. Auch 
R. Dedekind hat in seiner scharfsinnigen Theorie der gan 
zen Zahlen nach der Ansicht von D. Hilbert den Nachweis der 
Existenz des Unendlichen nicht in einwandfreier Weise ge 
führt, da der Begriff der Gesamtheit aller Dinge unvermeid 
lich jene mengentheoretischen Widersprüche nach sich zieht. 
B. Russell betont in seinen Schriften ausdrücklich seine 
Übereinstimmung mit G. Frege, sucht aber die Logik so zu 
erweitern, daß sie den Anforderungen der Mathematik genügt.
	        
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