Full text: Fiktionen in der Mathematik

Fiktionen in der Mathematik 
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rend die Zahl 2 in irgendeinem Sinn etwas Metaphysisches 
sei, von dem wir nicht das sichere Gefühl haben, daß es 
existiert, oder daß wir es ergründet haben; daher begnügt er 
sich lieber mit der Menge der Paare, die ihm sicher ist. 
Allgemein ergibt sich ihm als Definition der Zahl der Satz: 
Eine Zahl ist etwas, das die Zahl einer Menge ist. Russell 
sucht zu zeigen, daß diese Definition keinen Zirkel enthalte. 
Nach dieser logischen Definition der Zahl geht er daran, das 
System von Grundbegriffen und Grundsätzen umzugestalten. 
Zunächst definiert er die „natürlichen Zahlen“ mittels der 
beiden anderen Grundbegriffe, wodurch von den fünf Grund 
sätzen zwei überflüssig werden, der erste und der letzte. Der 
fünfte wird also nicht mehr als Prinzip aufgefaßt, sondern als 
Definition. Sodann wird auch die Null durch die allgemeine 
Definition der Zahl ausgedrückt: „0 ist die Menge, deren ein 
ziges Element die Nullmenge ist.“ Für N achfolger ergibt 
sich folgende Definition: „Der Nachfolger der Zahl der 
Elemente in einer Menge a ist die Zahl der Elemente der 
Menge, die aus « und einem x besteht, wo x ein Element ist, 
das nicht zu der Menge gehört“ 390 ), Russell behauptet, auf 
diese Weise die drei Grundbegriffe Peanos auf logische Be 
griffe zurückgeführt, sie so definiert zu haben, daß sie nicht 
mehr oo viele Bedeutungen haben können, sondern etwas 
Bestimmtes geworden seien. 
Durch diese Definition der Grundbegriffe sieht sich Russell 
zugleich in der Lage, die Grundsätze Peanos beweisen zu kön 
nen; er meint, damit sei erwiesen, daß die gesamte reine 
Mathematik, soweit sie sich auf der Theorie der natürlichen 
Zahlen aufbaut, nur eine Erweiterung der Logik darstelle. 
In welcher Weise Russell das durchführt, zeigt sich be 
sonders deutlich am Grundsatz 5 von Peano, dem Prinzip der 
mathematischen Induktion. Während Poincare dasselbe als 
synthetisches Urteil a priori betrachtet, sieht Russell darin eine 
reine Definition der „natürlichen Zahlen“; sie sind die Zahlen, 
auf die man die mathematische Induktion bei Beweisen an 
wenden kann, während es andere Zahlen gibt, auf die sie nicht
	        
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