Full text: Fiktionen in der Mathematik

244 
Fiktionen in der Mathematik 
Der Sinn der Multiplikation geht aus den Formeln hervor: 
1 X m = m; n' X m = (n X m) + m. 
Durch den Induktionsschluß werden dann das distributive, 
assoziative und kommutative Gesetz bewiesen. 
Das Iterationsprinzip, das hier überall zur Ver 
wendung kommt, ist ein spezifisch mathematisches Prinzip; 
es bringt die Bedeutung der natürlichen Zahlen zur Geltung, 
denn deren Reihe ist das allgemeine abstrakte Schema eines 
Vorgangs, der aus der Iteration eines elementaren Prozesses 
besteht. 
H. Weyl verwendet dieses Prinzip nun auch, um zu zeigen, 
daß die Anzahl einer aus Elementen einer bestimmten 
Grundkategorie bestehenden Menge eine Funktion dieser 
Menge ist. Die Nullmenge in der Kategorie der eindimen 
sionalen Mengen natürlicher Zahlen nennt man die „Anzahl 0“, 
die Allmenge die „Anzahl oo“, die Menge der natürlichen 
Zahlen <n die „Anzahl n“. H. Weyl meint, man sehe so, wie 
die Rolle, welche die Zahlen als „Kardinalzahlen“ zur Anzahl 
bestimmung spielen, auf ihre ursprüngliche, die Iteration in 
abstrakter Reinheit darzustellen, zurückgeführt werden könne; 
jedenfalls lasse sich dieser Standpunkt logisch rechtfertigen, 
wenn auch der Anzahlbegriff erkenntnistheoretisch vielleicht 
als etwas Primäres, vom Begriff der Ordinalzahl Unabhän 
giges, zu betrachten sei. 
H. Weyl ist der festen Überzeugung, „daß die Vorstel 
lung der Iteration, der natürlichen Zahlen 
reihe, ein letztes Fundament des mathemati 
schen Denkens ist — trotz der Dedekindschen „Ketten 
theorie“, die darauf hinzielte, die Definition und den Schluß 
durch vollständige Induktion syllogistisch ohne Benutzung 
dieser Anschauung zu begründen.“ Er meint, wenn die Grund 
begriffe der Mengenlehre nur durch Vollzug dieser „reinen“ 
Anschauung aufgefaßt werden können, so sei es überflüssig 
und irreführend, den Begriff der natürlichen Zahl mengen 
theoretisch zu fundieren. Das Große der Mathematik erblickt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.