Full text: Fiktionen in der Mathematik

Die Erweiterungen des Zahlbegriffs 
aber Zahlen, die mit Zählen nichts zu tun haben, Unmöglich 
keiten. 
Ganz im Gegensatz zu Natorp findet Russell unter den 
Irrtümern, die die Aufstellung von korrekten Definitionen ver 
hindert haben, die allgemeine Auffassung, daß jede Erweite 
rung einer Zahl die früheren Arten als spezielle Fälle umfaßt. 
Nach seiner Meinung handelt es sich, wenn man von positiven 
und negativen Zahlen spricht, um etwas ganz anderes, als 
wenn man von den natürlichen Zahlen redet, -f- m ist ihm die 
Beziehung von n + m zu n und —m die Beziehung von 
nzu n + m. -)-m ist also eine Beziehung, die ein-eindeu- 
tig ist, solange n eine Kardinalzahl ist und m eine induk 
tive Kardinalzahl. Dagegen ist m eine Menge, also -j- m 
mit m nicht zu identifizieren. 
Ein Bruch — ist nach Russell die Beziehung zwischen 
zwei induktiven Zahlen x und y, wenn xn = ym ist. Diese 
Definition ermöglicht den Beweis, daß die Beziehung ein 
eindeutig ist, falls m und n von 0 verschieden sind. Der 
Bruch läßt sich demnach mit m ebensowenig identifizieren 
wie -j- m mit m; denn Mengen und Beziehungen sind Objekte 
von ganz verschiedener Art. 
Positive und negative Brüche lassen sich genau so defi 
nieren wie positive und negative ganze Zahlen definiert 
wurden. 
Was also Russell scharf von Natorp scheidet, ist das, daß er 
den sog. natürlichen Zahlen gegenüber den positiven, nega 
tiven und gebrochenen dadurch eine Sonderstellung einräumt, 
daß er sie einem ganz anderen Typus zu weist. Während bei 
den rationalen Zahlen beide die Relation betonen, erklärt 
Russell die natürlichen Zahlen als Mengen von Mengen; Natorp 
faßt auch diese schon als Relationen auf. Andererseits ist die 
erkenntnistheoretische Einstellung beider Autoren so ver 
schieden, daß wir vom Natorpschen Standpunkt aus Zahl und 
Fiktion als wesensfremd betrachten müssen, während Russell 
die Mengen selbst als Fiktionen erklärt. 
251
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.