Einleitung
deutig bestimmt, oder sind sie mehrdeutig? In welchem Ver
hältnis stehen diese Merkmale zueinander? Sind sie gegen
seitig unabhängig, oder aufeinander zurückführbar? Sind die
Merkmale, die Vaihinger wiederholt scharf hervorgehoben hat,
so vor allem in Kap. XXIV seines Werkes, sämtlich not
wendig, oder sind schon einzelne hinreichend zur Festlegung
des Fiktionsbegriffs?
Die letzte Frage wird besonders nahegelegt durch die Tat
sache, daß der Fiktionsbegriff in der Wissenschaft durchaus
nicht bloß in der Vaihingerschen Prägung verwendet wird und
auch bei Vaihinger selbst Ansätze zu anderen Fassungen fest
gestellt werden können. Dieser Tatsache werden wir nicht ge
recht durch einseitige Festlegung des Fiktionsbegriffs,
sondern nur durch Auf suchen der verschiedenen Möglich
keiten, den Fiktionsbegriff definitionsmäßig zu fassen.
Der zweite Weg, auf dem man die oben erwähnten Unstim
migkeiten zu überwinden hoffen kann, ist naturgemäß die
Untersuchung der mathematischen Grundbegriffe und Metho
den selbst. Aus ihr muß sich ergeben, ob dem Fiktionsbegriff
in der Mathematik die von Vaihinger behauptete Bedeutung
zukommt oder nicht, zugleich aber auch, wo Fiktionen an
wendbar sind und welche Merkmale ihnen im einzelnen Fall
beizulegen sind.
So zerfällt die vorliegende Arbeit notwendig in zwei Haupt
teile: Im ersten handelt es sich um die Erörterung des Fik
tionsproblems überhaupt, im zweiten um fachwissenschaft
liche Ausführungen über die Grundlagen der Mathematik und
die Anwendungsmöglichkeiten von Fiktionen in derselben.
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