Full text: Fiktionen in der Mathematik

Fiktionen in der Mathematik 
268 
Zahlen fehlte, lief sein Beweis auf eine petitio principii hin 
aus, Dedekind sah wohl zuerst ein, daß am Begriff der 
Irrationalzahl selbst der Hebel angesetzt werden müsse. So 
bald man eine Definition derselben hat, wie sie im voran 
gehenden in Anlehnung an die Dedekindschen Ideen gegeben 
wurde, kann man die für die Analysis grundlegenden Sätze 
beweisen. Es sollen hier vor allem zwei erwähnt werden, 
nämlich: 
I. „Zwischen je zwei Zahlen liegen noch unendlich viele 
rationale Zahlen“ 423 ); und 
II. „Ist M eine nach unten beschränkte Menge, so gibt es 
unter allen unteren Schranken eine größte. Diese heißt die 
untere Grenze der Menge M. Ist M eine nach oben be 
schränkte Menge, so gibt es unter allen oberen Schranken eine 
kleinste. Diese heißt dieobereGrenze der Menge“ 424 ), 
Dedekind hat nun allerdings unter der irrationalen Zahl 
nicht direkt den Schnitt verstanden, sondern sagt: „Jedesmal 
nun, wenn ein Schnitt (A/B) vorliegt, welcher durch keine 
rationale Zahl hervorgebracht wird, so erschaffen wir eine 
neue, eine irrationale Zahl a, welche wir als durch diesen 
Schnitt vollständig definiert ansehen; wir werden sagen, daß 
die Zahl a diesem Schnitt entspricht, oder daß sie diesen 
Schnitt hervorbringt.“ Perron meint, das sei nur ein Unter 
schied in der Ausdrucksweise, der das Wesen der Sache nicht 
berühre. Aber gerade diese Formulierung von Dedekind war 
es wohl, die die Angriffe auf Dedekinds Theorie der irratio 
nalen Zahlen, besonders von philosophischer Seite veranlaßte. 
Ehe wir uns aber der Kritik der Dedekindschen Theorie zu 
wenden, sollen noch einige andere Theorien der Irrational 
zahlen kurz skizziert werden. 
Gerade die Erkenntnis, daß ohne eine einwandfreie Theorie 
der Irrationalzahlen ein strenger Aufbau der Analysis nicht 
recht möglich sei, veranlaßte kurz nach Dedekind verschiedene 
andere Mathematiker, Begründungen für diese Zahlgebilde zu 
suchen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.