Full text: Fiktionen in der Mathematik

Das Unendliche in der Mathematik. Mengenlehre 
begrenzte Zahl von Worten definieren lassen; daher gibt es 
nureinemöglicheUnendlichkeitszahl, W 0 . Wenn 
man sagt, die Mächtigkeit des Kontinuums ist größer als die 
der ganzen Zahlen, so soll das nur heißen, es gibt keine mög 
liche Zuordnung der Punkte des Kontinuums und der ganzen 
Zahlen, die dagegen gesichert wäre, daß bei Neueinführung 
von Elementen die Zuordnung verändert werden muß. 
Die Pragmatiker verlangen direkte Definitionen und Postu 
late, die keinen Widerspruch einschließen. Die Kenntnis der 
Gattung gibt nicht Kenntnis der Individuen, diese sind nicht 
vorhanden vor ihrer Definition. Poincare bezeichnet die 
Pragmatiker als Idealisten. Sie sind der Ansicht, daß 
ein Objekt nicht existiert, wenn es nicht gedacht wird und daß 
man ein gedachtes Objekt nicht unabhängig von einem denken 
den Subjekt erfassen kann. Für ein denkendesWesen 
aber (ein endliches, dem Menschen ähnliches) kann das 
Unendliche keinen andern Sinn haben als die 
Möglichkeit, so viele Objekte ins Leben zu 
rufen, als man will. 
Für die Cantorianer ist das Unendliche vor dem End 
lichen; dieses ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Unend 
lichen. Sie gehen von der Menge aus, in der alle Dinge bereits 
vor unserer Überlegung bestehen; wir ordnen die Menge nur, 
aber sie würde auch ohne das bestehen. Der Begriff der Kar 
dinalzahl ist den Cantorianern nichts Wunderbares. 
Statt der direkten Definition lassen sie Definitionen durch 
Postulate zu. Da die Gattung G gegeben ist, kennen wir alle 
ihre Individuen und die Definition hat nur den Zweck, unter 
diesen Individuen die zu unterscheiden, die mit allen ihren 
Genossen zusammen die ausgesprochene Beziehung haben. Die 
Cantorianer sprechen immer von Erkenntnistheorie, also von 
der Forschung über die Forschung, sie machen die Forschung 
zum Gegenstand der Untersuchung ohne die Annahme, daß es 
Forscher gibt. Die Natur ist ihnen eine Realität unabhängig 
von dem Physiker, der sie erforscht. 
Die Cantorianer sind Realisten: die materiellen
	        
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