Das Unendliche in der Mathematik. Mengenlehre
Die ein- und mehrdimensionalen Mengen bilden über dem
ursprünglich gegebenen Gegenstandsbereich ein neues, abge
leitetes System idealer Gegenstände; es entsteht aus dem
ursprünglichen durch den mathematischen Prozeß. Es
entspricht ganz unseren früher schon entwickelten Auffassun
gen, wenn Weyl sagt: Niemand kann eine unendliche Menge
anders beschreiben als durch Angabe von Eigenschaften,
welche für die Elemente der Menge charakteristisch sind;
niemand eine Zuordnung zwischen unendlich vielen Dingen
stiften ohne Angabe eines Gesetzes, d. h. einer Relation,
welche die zugeordneten Gegenstände miteinander verknüpft.
Die Vorstellung der unendlichen Menge als einer durch un
endlich viele einzelne willkürliche Wahlakte zusammen
gebrachten, kolligierten und nun vom Bewußtsein als Ganzes
überblickten „Versammlung“ ist unsinnig; die „Unerschöpf-
lichkeit“ liegt im Wesen des Unendlichen“ 469 ).
Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem von
H. Weyl aufgestellten Mengen- und Funktionsbegriff für die
Grundlagen der Analysis und Mengenlehre?
H. Weyl ist der Meinung, daß ein wesentlicher Teil des
Baues der Analysis auf Sand gegründet ist, und er glaubt, daß
er den schwankenden Grund durch Stützen von zuverlässiger
Festigkeit ersetzen könne. Sie tragen zwar nicht alles, was
man für allgemein gesichert hält; aber den Rest will er eben
preisgeben.
Weyl sagt: „Da wir von einem bestimmten Operations
bereich ausgehen müssen und die existierenden Mengen und
Zuordnungen bestimmt sind durch die sachlichen, mittels der
zugrunde liegenden Ureigenschaften und -relationen ausdrück-
baren Zusammenhänge, welche zwischen den Gegenständen
der gegebenen Kategorien bestehen, wird — unbeschadet der
Möglichkeit einer allgemeinen Mengenlehre — keine univer
selle, gleichmäßig für alle Operationsbereiche gültige Skala
unendlicher Kardinal- und Ordinalzahlen existieren können,
wie sie Cantor auf gestellt hat“ 470 ). Der durch die Mengenlehre
B e t s c h.
22
337