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Zur Theorie der Fiktionen
d) Ein weiteres wesentliches Merkmal der wissenschaft
lichen Fiktionen ist, daß sie Mittel zu bestimmten Zwecken
sind. Sie sollen nicht „unsichere Hypothesen“ sein, aber auch
nicht bloß bewußte Abweichungen von der Wirklichkeit, bloße
Einbildung; die Abweichung von der Wirklichkeit muß
zweckmäßig sein. Nach H. Yaihinger bildet die Zweck
mäßigkeit den Übergang von dem Subjektivismus Kants zum
modernen Positivismus 29 ). Der praktische Wert der Fik
tionen ist schließlich auch der eigentliche Maßstab zur Ent
scheidung der Frage, inwieweit Fiktionen in den einzelnen
Gebieten der Wissenschaft usw. zuzulassen sind 39 ). Die Grenze
darf aber nicht bloß vom Instinkt gezogen, sondern sie muß
wissenschaftlich festgestellt werden. Das Mittel hiezu sieht
Yaihinger in dem Gesetz des kleinsten Kraftmaßes von Ave
narius 31 ),
Die Beurteilung eines Begriffs, einer Methode als Fiktion,
als fiktiv, ist aber nur relativ: In bezug auf eine für Wirklich
keit angenommene Vorstellungsweise ist eine andere Vorstel
lungsweise fiktiv, während jene selbst dann in bezug auf eine
andere auch wieder für fiktiv erklärt werden muß. Es ist eben
eine stetig und allmählich ansteigende Verfälschung der Wirk
lichkeit durch das Denken zu konstatieren, so, daß auf einem
Punkte das Vorhergehende als Wirklichkeit gilt, während es
doch selbst schon schließlich in Fiktionen wurzelt 32 ). Die
Grenze zwischen Wahrheit und Irrtum ist keine starre; was
wir gewöhnlich Wahrheit nennen, nämlich eine, wie man sagt,
mit der Außenwelt zusammenstimmende Vorstellungswelt,
diese Wahrheit ist nur der zweckmäßigste Irr
tum 33 ). Bei der Relativität hinsichtlich der Konstatierung
von Fiktionen darf man sich nicht wundern, wenn es in vielen
Fällen recht schwierig ist, Fiktion und Hypothese, oder auch
Hypothese und Dogma streng zu scheiden. Was dem Einen
Dogma ist, kann dem Andern Hypothese oder gar nur Fik
tion sein; ja es gibt viele Fälle, in denen ein solches psychi
sches Gebilde zunächst als Dogma, dann als Hypothese und
schließlich nur noch als Fiktion auftritt und umgekehrt. Diese
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