Das Unendliche in der Mathematik. Mengenlehre
2. Durchweg dieselbe Sicherheit des Schließens herzustellen,
wie sie in der gewöhnlichen niederen Zahlentheorie vor
handen ist.
Die Erreichung dieser Ziele ist aber nur möglich, wenn die
volle Aufklärung über das Wesen des Unendlichen gelingt,
meint Hilbert. In welcher Weise er dieses Ziel zu erreichen
sucht, haben wir bereits im vierten Kapitel und im Voraus
gehenden gestreift. Seine Theorie der Zahlen kommt auf eine
weitgehende Formalisierung des mathematischen Verfahrens
unter Einführung „idealer Elemente“ und „Aussagen“ und
Heranziehung einer bestimmten Art des Logik-Kalküls hinaus.
Als Grundrelationen, denen die betrachteten Gegenstände
genügen müssen, stellt Hilbert fünf Axiomgruppen auf. Er
gibt selbst zu, daß diese Axiome nicht ganz frei von Willkür
seien, aber er will zeigen, daß sie genügen, um eine Beweis
theorie zu begründen und das System der beweisbaren Sätze,
d, h, die mathematische Wissenschaft aufzubauen. Einer Be
dingung muß das Axiomensystem bei dieser Methode der An
wendung idealer Elemente aber absolut notwendig genügen, es
muß widerspruchslos sein.
Den Nachweis der Widerspruchslosigkeit
glaubt Hilbert erbringen und damit zugleich das Problem der
Widerspruchslosigkeit der arithmetischen Axiome lösen zu
können. Außerdem will er zeigen, daß seine Theorie nicht nur
das leisten kann, was die bisherigen Theorien leisteten, son
dern daß sie weittragender ist. Er legt das an dem Kon
tinuumproblem dar, indem er zeigt, daß die Punkte einer
Strecke durch die Zahlen der zweiten Zahlklasse auszählbar
sind.
Das Gesamtergebnis seiner Untersuchung faßt Hil
bert dahin zusammen: „D a s Unendliche findet sich
nirgends realisiert; es ist weder in der Natur
vorhanden, noch als Grundlage in unserem
verstandesmäßigen Denken zulässig.“ Als Vor
bedingung für die Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis
sind gewisse anschauliche Vorstellungen und Einsichten un-
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