Zur Theorie der Fiktionen
beobachtet und experimentiert, stellt erfahrungsmäßig Dasein
fest, das Erfahren ist für ihn begründender Akt. Dem Geo
meter aber, der nicht Wirklichkeiten, sondern ideale Möglich
keiten, nicht Wirklichkeitsverhältnisse, sondern Wesensver-
halte erforscht, ist statt derErf ahrung die Wesens-
erschauung der letztbegründende Akt. Das gilt
für alle eidetischen Wissenschaften; auf die in unmittelbarer
Einsicht zu erfassenden Wesensverhalte (Axiome) gründen
sich die mittelbaren, die im mittelbar einsichtigen Denken,
und zwar nach Prinzipien, die durchaus unmittelbar einsich
tige sind, zur Gegebenheit kommen. „Jeder Schritt mittelbarer
Begründung ist danach apodiktisch und eidetisch notwen
dig“ 122 )- Das führt zu dem praktischen Ideal der exakten
eidetischen Wissenschaft, alle mittelbaren Denkschritte zu
reduzieren auf bloße Subsumtionen unter die ein für allemal
systematisch zusammengestellten Axiome des jeweiligen eide
tischen Gebiets und, wofern es sich nicht selbst um die reine
Logik handelt, unter Zuzug der sämtlichen Axiome dieser
letzteren. In dem Ideal der „Mathematisierung“ ist eben das
zu sehen, daß der gesamte Erkenntnisbestand in der Allgemein
heit einiger weniger Axiome in rein deduktiver Notwendigkeit
beschlossen ist.
Husserl verteidigt seinen Standpunkt sowohl gegen den
Empirismus als auch gegen den Idealismus. Während der
Empirismus „Ideen“, „Wesen“ und „Wesenserkenntnis“
leugnet und Erkenntnisbegründung nur durch die Erfahrung
zulassen will, lehnt Husserl die Identifikation von Wissen
schaft überhaupt und Erfahrungswissensehaft ab und sub
stituiert der „Erfahrung“ das Allgemeinere „Anschauung“.
Erfahrung als originär gebender Akt bezieht sich nur auf
Naturwirklichkeit, diese ist aber nicht gleichbedeu
tend mit Wirklichkeit überhaupt. Echte Wissenschaft fordert
als Unterlage aller Beweise unmittelbar gültige Urteile, die
ihre Geltung direkt aus originär gebenden Anschauungen
ziehen. „Diese sind aber so geartet, wie es der Sinn dieser
Urteile bzw. das eigene Wesen der Gegenstände und Urteils-
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