Full text: Fiktionen in der Mathematik

Grundlagen der Y a i h i n g e r s c h e n F i k t i o n s 1 e h r e 
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Vorstellungsmäßige umfaßt, und in deren Bejahung oder Ver 
neinung, das Urteilsmäßige. Man urteilt heißt, man entscheidet. 
„Erkennen ist seinem logischen Wesen nach Bejahen oder 
Verneinen.“ 
Da Bejahung oder Verneinung einen Akt des Billigens oder 
Mißbilligens erfordert, der nur Werten gegenüber einen 
Sinn hat, handelt es sich beim theoretischen Erkennen um eine 
Stellungnahme zu einem Werte. Die subjektivische Wendung, 
die damit eingetreten ist, soll überwunden werden durch Ein 
führung der Urteilsnotw^endigkeit; in ihr wird nach 
Rickert das Sollen unmittelbar erfahren. Wahr sind die Ur 
teile, die gefällt werden sollen; dieses Sollen ist kein psychi 
sches Erlebnis, sondern ein transzendentes, von uns unab 
hängiges Sollen — unabhängig in dem Sinn, daß es gilt, ob 
ein erkennendes Subjekt es anerkennt oder nicht. In dieser 
Unabhängigkeit des Sollens liegt der Angelpunkt der Rickert- 
schen Theorie, mit der die Objektivität der Wahrheit steht und 
fällt. Das transzendente Sollen, die letzte Voraussetzung der 
Wahrheit ist unwirklich; es fällt in das Reich des Geltens, des 
Wertes; damit aber in ein Reich des Nicht-Seienden. 
Sachverhalte sind wahr, insofern in ihnen das transzen 
dente Sollen steckt und jeder wahre Urteilsakt muß identisch 
für alle psychischen Subjekte, als zeitlos ideal bestehen. Auch 
nach L a s k ist das Geltende der ausschließende Gegensatz des 
Seins, und nach M ü n c h ist es unabhängig davon, ob irgend 
welche Subjekte sich auf es richten oder irgendwelche Objekte 
ihm genügen. A. Meinong hält die idealen Gegenstände für 
nicht wirklich und Mathematik gilt ihm als „Nicht-Wirklich 
keitswissenschaft“. 
Wie nun die Vertreter dieser Auffassungen den Gegensatz 
des Idealen, Nichtwirklichen zum Existierenden, Seienden 
auch betonen mögen, keineswegs wollen sie es dem reinen 
Nichts zuordnen; sie schreiben ihm ein Bestehen zu. J. Volkelt 
meint daher, es handle sich nur um eine relative Un 
wirklichkeit, die auf doppelte Weise charakterisiert wer 
den könne:
	        
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