Full text: Arithmetik (1. Teil, 1. Band)

§ 7 A u. B. Einleitung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung. 
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Die ersten, sich auf das Würfelspiel beziehenden, Wahrschein- 
lichkeitshetrachtungen finden sich schon bei Cardano und Galilei. 
Als die eigentlichen Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung be 
trachtet man aber Pascal und Fermât (um die Mitte des 17. Jahr 
hunderts). Um die weitere Entwicklung der Theorie haben sich Yer 
dienste erworben Hujgens, Leibniz, Jakob Bernoulli, de Moivre, 
Stirling, Bayes, Laplace, Poisson. Welche Fortschritte die 
Wahrscheinlichkeitsrechnung im einzelnen diesen Männern zu ver 
danken hat, werden wir in aller Kürze an den bezüglichen Stellen 
an geben. Yon neueren Lehrbüchern nennen wir J. Bertrand, Calcul 
des probabilités, Paris 1889; H. Poincaré, Leçons sur le calcul des 
probabilités, Paris 1896; E. Czuber, Wahrscheinlichkeitsrechnung 
und ihre Anwendung auf Fehlerausgleichung, Statistik und Lebens 
versicherung, 2. Auf!., Leipzig 1908; H. Bruns, Wahrscheinlichkeits 
rechnung und Kollektivmaßlehre, Leipzig 1906; E. Borei, Eléments 
de la théorie des probabilités, Paris 1909. Die philosophischen 
Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung haben namentlich unter 
sucht J. v. Kries in der Schrift „Die Prinzipien der Wahrscheinlich 
keitsrechnung“, Freiburg i. B. 1886, und C. Stumpf in der Abhand 
lung „Über den Begriff der mathematischen Wahrscheinlichkeit“, 
Sitzungsberichte der Philosophischen Klasse der Bayrischen Akademie, 
1892. 
B. Definition der Wahrscheinlichkeit und einfache Aufgaben. 
Es kommt häufig vor, daß wir beim Stande unseres Wissens 
und unserer Kenntnisse die aus einem gewissen Komplex von Zu 
ständen und Handlungen resultierenden Folgen nicht mit Sicherheit 
angeben, daß wir vielmehr nur behaupten können, aus den vorliegenden 
Bedingungen müsse sich entweder ein Ereignis oder Tatbestand E l 
oder ein Ereignis E 2 usw. oder ein Ereignis E m ergeben. Nehmen 
wir z. B. einen Spielwürfel, d. h. einen homogenen Würfel, dessen 
Seitenflächen mit den Zahlen 1 bis 6 beschrieben sind, werfen ihn 
in die Höhe und lassen ihn fallen, so sind wir nicht imstande, aus 
dem ihm erteilten Impulse seine weitere Bewegung genau zu be 
stimmen; wir können also auch nicht sagen, welche Seite beim Auf- 
fallen des Würfels oben liegen wird; wir wissen nur, daß es entweder 
die 1 oder die 2 usw. oder die 6 sein muß. Bei keinem Menschen 
sind uns die Körperbeschaffenheit und die von außen auf ihn ein 
wirkenden Umstände so genau bekannt, daß wir im voraus die Frage 
entscheiden könnten, ob er nach einem Jahre noch am Lehen sein 
wird; wir können eben nur sagen, entweder wird er nach einem Jahre 
noch leben oder tot sein.
	        
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