Full text: Arithmetik (1. Teil, 1. Band)

§ 10 A. Aufbau des Zahlensystems u. schriftl. Darstellung d. System. Zahlen. 35 
aen einzugehei], 
teilbaren Zahlen 
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einer Weise, z. B. durch senkrechte, zueinander parallele Striche in 
Kolumnen geteilt ist, deren jede eine bestimmte der Zahlen a v auf 
nimmt. Solche Rechenbretter finden sich schon bei allen Völkern 
des Altertums und waren im christlichen Europa bis in die zweite 
Hälfte des Mittelalters verbreitet. Während ursprünglich, z. B. bei 
den Griechen 1 ) und Römern 2 ), die Zahlen a v durch Sternchen auf dem 
Rechenbrett markiert wurden, benutzten die Inder für die Zahlen 
von eins bis neun eigene Zeichen (vielleicht die Anfangsbuchstaben 
der betreffenden Zahlwörter), welche wahrscheinlich schon im zweiten 
Jahrhundert n. Chr. nach Alexandria und von dort weiter in das 
westliche Europa drangen und für das Abakus-Rechnen benutzt 
wurden. Die höchste Vereinfachung des Zahlenschreibens erreichten 
aber die Inder, vermutlich erst in einer etwas späteren Zeit 3 ), durch 
Erfindung der Null, d. h. eines besonderen Zeichens für das Nicht- 
vorhaudensein einer der Stufenzahlen g v in einer Zahl. Denn erst 
jetzt war es möglich, die Kolumnenstriche ganz fortzulassen und beim 
Festhalten an der bestimmten Reihenfolge der Stufenzahlen den fort 
gelassenen Faktor g v durch die bloße Stellung der Zahl a v und irgend 
eine Zahl durch die einfache Nebeneinandersetzung a n a n _ 1 . . . a l a 0 4 ) 
zu charakterisieren. Dieses indische „Positionssystem“ mit der Null 
(und den inzwischen veränderten Zeichen für die Zahlen eins bis 
neun) gelangte im 8. Jahrhundert zu den Arabern 5 ), von welchen es 
etwa seit 1100 die romanischen und die germanischen Völker kennen 
lernten. Während des 12. Jahrhunderts standen sich im Abendlaude 
die Abakisten, d. h. die Vertreter des Rechnens mit dem Abakus, 
und die sogenannten Algorithmiker 6 ) gegenüber, die das Positions- 
1) Diese Stein eben hießen 'iprjcpoL, und das daraus gebildete Wort 'ipyyi&iv, 
mit Steinchen hantieren, wird allgemein für „rechnen“ gebraucht. M. Cantor, 
Vorlesungen I, S. 120. 
2) Auch das lateinische Wort calculus (Rechnung) stammt von dem Namen 
calculi dieser Steinchen. M. Cantor, Vorlesungen I, S. 493. 
3) Vgl. S. 2, Anm. 1. 
4) Der Strich ist hier über die Buchstaben gesetzt, weil sonst der Aus 
druck das Produkt der Zahlen a n , a n _ 1 ,...a 1 , a 0 bedeuten könnte. Eine der 
artige Verwechslung ist ausgeschlossen, wenn für die a v bestimmte Zahlen sub 
stituiert werden. Vgl. § 5 A. 
5) Bei den Arabern heißt die Null as-sifr, das Leere, und ist die Über 
setzung des indischen, dasselbe bedeutenden Wortes sunya. Aus as-sifr ist 
unser „Ziffer“ und das französische „zero“ entstanden. 
6) Das Wort „Algorithmus“, das jetzt ein zur festen Regel gewordenes 
Rechenverfahren bedeutet, stammt von dem Namen Muhammed ibn Mürä Alch- 
warizmi eines ostarabischen Schriftstellers aus dem Anfänge des 9. Jahrhunderts, 
welcher eine Algebra und ein Rechenbuch geschrieben hat, in welch letzterem 
er das Rechnen mit den nach indischer Weise geschriebenen Zahlen ausein 
ander setzt. 
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