36 I. Kapitel. Die natürlichen Zahlen.
System benutzten, bis allmählich die ersteren verdrängt wurden, und
das indische System im 13. Jahrhundert wenigstens bei den Gelehrter^
den Sieg davon trug, während seine Verbreitung in Laienkreisen erst
mit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts beginnt. 1 )
Ohne weiteres leuchtet ein, daß in jeder der Zeilen I, II usw.
auf S. 34 die Zahlen sämtlich nach der Größe geordnet sind, in der
ersten Zeile insbesondere jede Zahl um 1 größer ist als die vorher
gehende. Schieben wir hinter jede Zahl der zweiten Zeile alle Zahlen
ein, die aus ihr durch sukzessive Addition der Zahlen der Zeile I ent
stehen, so ist auch in dieser Zeile jede Zahl um 1 größer als die
vorhergehende und die erste um 1 größer als die letzte von I. Schieben
wir ebenso hinter jede Zahl von III alle Zahlen ein, die aus ihr
durch sukzessive Addition der Zahlen von I und der vervollständigten
Zeile II entstehen, so gilt von ihr das Entsprechende.
Wenn wir in derselben Weise beliebig weit fortfahren, so enthält
die Gesamtheit der so konstruierten Zeilen bei der angegebenen Reihen
folge eine Serie von Zahlen, die mit 1 beginnt, und von denen jede
um 1 größer ist als die vorhergehende. Unser systematisches Bildungs
prinzip liefert uns also genau dieselben Zahlen, zu denen man gelangt,
wenn man, von der Zahl 1 ausgehend, neue durch fortgesetzte Hinzu
fügung von 1 bildet, so daß also unsere systematischen Zahlen auch
als Bezeichnungen für die Zahlen der sogenannten natürlichen Zahlen
reihe angesehen werden können. 2 )
Wie der Begriff einer beliebigen Zahl mittelst der Operationen
des Addierens, Multiplizierens und Potenzierens aus den Begriffen
der Zahlen 1, 2, ... g entsteht, so setzt in derselben Weise auch die
Sprache den Namen irgend einer Zahl aus den Namen für die Zahlen
1, 2, ... g und für die Potenzen von g (bei den meisten Völkern ins
besondere für g — zehn) zusammen. 3 ) Durch häufigen Gebrauch sind uns
aber die fertigen Namen, und zwar in der den Zeilen (I), (II), (HI), . . .
auf S. 34 entsprechenden Reihenfolge wenigstens innerhalb der praktisch
vorkommenden Grenzen so geläufig geworden, daß wir uns zum Ab
zählen einer Menge eines bequemeren Verfahrens bedienen, als zur
Konstruktion des Zahlbegriffs eigentlich erforderlich wäre. Anstatt
zu einem Dinge der Menge ein anderes hinzuzunehmen und zu sagen,
1) Vgl. J. Tropfke, Gesch. d. Elementarmathem. I, S. 9—16.
2) Vgl. Anm. 1, S. 5. v
3) Während bei allen Völkern, wie zuerst Hankel (Zur Geschichte der
Mathematik im Altertum und Mittelalter, S. 32) hervorgehoben hat, in der ge
schriebenen additiv zusammengesetzten Zahl der größere Bestandteil stets dem
kleineren (in der einmal üblichen Richtung der Schrift) vorangeht, werden in
dem gesprochenen Zahlwort gerade bei uns im Deutschen (und auch im Sanskrit
und im Arabischen) die Einer vor den Zehnern genannt.