schaft für die Erkenntniss antiker und mittelalterlicher Leistlingen
anzuhieten vermochte, nur sehr gering angeschlagen werden.
Wie anders heute. Gegenwärtig arbeiten Philologie und Historik
in exakterWeise, die Methode der geschichtlichen Detailforschung
hat sich ungeahnt gehoben, und jede Disciplin vermag anderen
unmittelbar die Hand zu reichen — und doch hat sich das
Yerhältniss in dem von uns zu beklagenden Sinne verschoben.
Dem Studirenden bleibt die Vergangenheit seiner speziellen
Branche eine terra incognita, und man darf gemeiniglich noch
froh sein, wenn er geschichtliche Studien bloss als überflüssig,
nicht auch als geradezu schädlich zu betrachten gelernt hat.
Wir haben .bei unserer Schilderung früherer und gegen
wärtiger Zustände in keiner Weise übertrieben; die unerquick
lichen Thatsachen stehen fest, und es fragt sich nur, ob und wie
wir uns dieselben naturgemäss zu erklären vermögen. Wollen
wir unpartheiisch sein, so müssen wir zugeben, dass die Er
scheinung mehr oder weniger in unserer ganzen Zeitrichtung be
gründet ist. Um das Jahr 1775 mochte es noch Polyhistoren
geben, welche eine ganze Anzahl von Wissenschaften nach da
maligem Zuschnitt, Vergangenheit und Gegenwart, in Einem
Kopfe unterzubringen im Stande waren — diese Zeit, die Zeit
eines Leibnitz, Haller, A. v. Humboldt, ist unwiederbring
lich dahin. Mit gutem Rechte kann man sagen, dass nur das
Bewältigen des momentanen status quo für unsere Epoche die
Arbeitskraft des Einzelnen hinlänglich zu absorbiren vermöge;
selbst bei Spezialfächern von mässigem Umfang will der so im
mens nach Innen vertiefte Inhalt mit Aufgebot aller Kräfte ge
wonnen werden. Dieser Abhaltungsgrund ist reell; seine Be
rechtigung gänzlich zu leugnen könnte nur dem einfallen ; dem
der Einblick in den gegenwärtigen Betrieb des naturwissenschaft
lichen Studiums verschlossen wäre. Allein zu ihm treten andere
hinzu. Der Mangel an idealistischem Sinn, an dem unsere ganze
Zeit krankt, macht sich auch in der Wissenschaft fühlbar, die
Sucht, Thatsachen und wieder Thatsachen zu erhalten, macht es
dem jungen Naturforscher unmöglich, sich mit Lust und Liebe
in das so anders geartete Gefühls- und Ideenleben verflossener
Zeiten zu versenken, und so versteigt er sich schliesslich zu der
banalen Ausrede: Von jenen Alten Hesse sich doch nichts Neues
lernen, eine Kenntnissnahme veralteter Irrthümer aber biete im