Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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tige soi, hat ein deutscher Astronom, Förster in Berlin, zur 
Evidenz nachgewiesen. Ein Kepler ohne Phantasmen, ohne 
stetige Rücksichtnahme auf eine absterbende Geisteswelt, ist 
gar nicht denkbar; das Mysterium Cosmographicum musste noth- 
wendig der Harmonice mundi vorangehen. 
Wer längere Zeit hindurch Kepleriana getrieben, überzeugt 
sich immermehr, dass jener mystische Zug nicht das geringste 
unter den Agentien war, welche ihn zu seiner eminenten Gei 
steshöhe emporhoben*); man kann aus ernstem Kepler-Stu 
dium nur die Erkenntniss mitfortnehmen, dass die schönen Worte 
Förster’s 6 ) völlig berechtigt sind: „Das Mutterland der edel 
sten Blüthen des Idealismus, das wundersame Schwabenland, 
hatte allerdings auch in Kepler einen der edelsten Idealisten 
erzeugt, aber die Blumen seiner Phantasie wuchsen nicht müssig 
und parasitisch zwischen den Halmen, sondern aus ihrer Blüthe 
selbst entwickelte sich die edelste Frucht der Forschung.“ 
1) Peinlich, Die steirischen Landschaftsmathematiker vor Kepler, 
Archiv d. Math. u. Phys. 74. Theil. S. 470 ff. 
2) Tageblatt der 48. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, 
Graz 1875. S. 31. 
3) Laplace, Precis de l’astron, etc, S. 87. 
4) Whewell-Littr ow, Gesch. d. indukt. Wissensch. 1. Baud. S. 420. 
5) Günther, Yerm. Untersuch, etc. S. 25 ff. 
G) Förster, Johann Kepler und die Harmonie der Sphären, Berlin 
1862. S. 3. 
Note 27. 
Die Geschichte der sogenannten Sternpolygone, welche wir 
ihrem Totalvorlaufc nach in zwei umfänglicheren Publikationen x ) 
zusammengestellt haben, gehört nicht allein zu den interessante 
sten Partieen der allgemeinen mathematischen Geschichte; auch 
der Theolog, der Philosoph und vor Allem der Culturhistoriker 
wird aus ihrem Studium nicht wenig belehrende Momente sich 
*) Wir hatten in letzter Zeit besondere Veranlassung, uns in Förster’s 
Anschauungen hiueinzulebcn. Die schöne und völlig originelle Theorie der 
Sternpolygone, welche wir bei Kepler antreffen, kann nur dann richtig ver 
standen und gewürdigt werden, wenn man ihre astrologische Nebenbedeutung 5) 
mit berücksichtigt.
	        
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