Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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ähnlich lagen die Verhältnisse im Mittelalter, und wenn auch 
einzelne helle Köpfe, wie Roger Baco oder später Pico von 
Mirandola, die Nichtigkeit des ganzen Treibens erkannten und 
literarisch erörterten, so war doch an einen Erfolg solcher rofor- 
matorischer Bestrebungen noch lange nicht zu denken. Im 
Gegentheile — diese Prediger in der Wüste wurden mit allen 
Mitteln intellektueller und nöthigenfalls materieller Gewalt zum 
Schweigen gebracht. Dabei ward oft das gesammte Rüstzeug 
scholastischer Gelehrsamkeit verwendet, wie sich diess besonders 
in des Bellantius 2 ) voluminöser Streitschrift gegen seinen 
Landsmann Pico ausspricht. 
Immerhin konnte die Gesammtheit astrologischer Lehren 
und Regeln, welche man im Mittelalter zur Verfügung hatte, 
selbst im damaligen Sinne den Namen Wissenschaft nicht be 
anspruchen. Zu diesem Range ward sie erst durch Regio- 
raontanus erhoben. Wenn wir nämlich über das eigentliche 
Wesen astrologischer Probleme in’s Klare kommen wollen, so 
müssen wir uns erinnern, dass jede solche Aufgabe aus zweierlei 
Theilen bestand — natürlich haben wir dabei immer speziell die 
Astrologia judiciaria, die Schicks als-Vorausbestimmung, im Auge. 
Erstlich musste aus den bekannten Daten der Geburt eines 
Menschen das „Haus des Himmels“ bestimmt werden, welchem 
derselbe angehörte — und das war eine Aufgabe der sphärischen 
Astronomie; dann erst konnte der Einfluss der Planeten aufge 
sucht und das Gesamrntergebniss der Untersuchung in Form der 
hinlänglich bekannten Diagramme *) niedergelegt werden. Man 
sieht, dieses Verfahren ist ganz exakt zu nennen; betreffs des 
Einflusses, welcher den verschiedenen „domibus“ unterlegt 
wurde, sind die Anweisungen Schoner’s 3 ) von autoritativer 
Bedeutung. 
scheusslich allerdings die Mantik im dahinsterbenden Kaiserreiche wirth- 
schaftete, ist bekannt genug; man vergleiche z. B. die spannende Darstellung 
Nägelsbach’s *). 
*) Am bekanntesten ist die Zusammenstellung (Horoskop genannt), welche 
Kepler, der trotz seiner Abneigung gegen die praktische Astrologie doch 
aus Gründen der Selbsterhaltung die Mode mitmachen musste, für seinen 
Gönner Albrecht v. Waldstein ausarbeitete. Sie findet sich in einer 
Menge von Büchern.
	        
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