Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

für die Förderung der Trigonometrie sich entschieden nützlich 
erwiesen. 
Dass diess Verhältnis, so eigenthümlich es uns erscheinen 
mag, auch in der Folgezeit bestehen blieb, lässt sich durch gar 
manches historische Faktum belegen. Von Kepler haben wir 
bereits in der 27. Kote gesehen, dass er seine schöne Theorie 
der sternförmigen Polygone in unlöslichen Connex mit seinen 
astrologischen Grundsätzen gebracht hatte, die freilich von den 
landläufigen so verschieden wie nur möglich waren 7 ). Aber 
auch noch in’s vorige Jahrhundert herein spielt der Wellen 
schlag einer einst so gewaltigen Fluth. So berichtet Kästner 
von einem die Gesaramtheit mantischer Lehren umfassenden 
Werke 8 ); „Als ein Compendium darüber dient: Anleitung zu 
den curiösen Wissenschaften, Physiognomia, Chiromantia, Astro 
logia, Geomantia, Oniromantia, Onomantia, Teratoscopia, Sym 
pathia und Antipathia 1717. Den Kamen des Verfassers lehrt: 
Anhang zu Job’s curiösen Wissenschaften 1747. wo man sogar 
analytische trigonometrische Formeln findet, wie Herr Euler 
eingeführt hat.“ Das ist in der That merkwürdig genug, denn 
man wird kaum übertreiben, wenn man behauptet, dass um diese 
Zeit höchstens 1 Procent der deutschen Mathematiker (und auch 
nur sehr wenige französische) *) sich mit der analytischen Trigo 
nometrie Euler’s bekannt gemacht hatten. Wir haben an an 
derer Stelle 9 ) darauf angespielt, dass es vornämlich Kästner’s 
Verdienst ist, in einer .separaten elementaren Darstellung seinen 
Landsleuten Jene wichtige Keuerung zugänglicher gemacht zu 
haben. 
*) In der dieser Epoche entstammenden Navigationslehre von Mauper- 
tius z. B. wird von jenen Verbesserungen Euler’s noch nichts verspürt; 
selbst die so äusserst bequeme und naturgemäss erscheinende Bezeichnung der 
goniometrischen Funktionen durch 
sin, cos, tang, sec . . . 
hat sich noch keinen Eingang verschafft, sondern es wird jede derartige 
Grösse durch einen besonderen lateinischen Buchstaben bezeichnet, so dass 
am Schlüsse jeder Rechnung eine Eück-Substitution nothwendig wird. Ein 
Astrolog also, ein Verfechter des wissenschaftlichen Rückschrittes, hat in 
dieser hochwichtigen Frage der ungeheuren Mehrzahl zeitgenössischer Mathe 
matiker den Rang abgelaufen!
	        
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