Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

und Bündnissen gewiss nicht gelungen wäre. Um auch hier 
wieder auf Einzelnheiten hinzuweisen, sei des tiefgehenden 
Unterschiedes gedacht, welchen mathematisch-historische For 
schung zwischen den beiden Hälften des arabischen Weltreiches 
entdeckt hat. Denn tiefer als die sonst wohl bekannte That- 
sache, dass den Osten das alte Kalifat Bagdad mit seinen 
suzeränen Ländern bedeckte, während im Westen die spanischen 
und marokkanischen Mauren selbstständige Reiche gegründet 
hatten, greift doch wohl der‘merkwürdige Umstand, dass beide 
Yolkstheile dem Aussehen nach total verschiedene Ziffern ihrem 
numerischen Calcul zu Grunde legten. Und während die im 
Mutterlande verwandten Ziffern geradezu ihre indische Abstam 
mung verrathen, schienen jene anderen, die in der Geschichte 
der Mathematik berühmt und fast berüchtigt gewordenen Gobar- 
ziffern, dem Boden, auf welchem sie gebraucht wurden, selbst 
entwachsen zu sein. Koch freilich sind nicht alle Detailfragen 
erschöpft, welche sich an diese merkwürdige Erscheinung knüpfen 
lassen, die Sache selbst aber steht unzweifelhaft fest und scheint 
berufen, für gar manche nicht eben unmittelbar damit zusammen 
hängende Probleme den Schlüssel an die Hand geben zu sollen. 
Die historischen Untersuchungen, welche sich über das 
Wesen und die Gestalt der verschiedenen Zahlzeichen wie über 
die Art und Weise, mit ihnen zu operiren, verbreiten, gewinnen 
gegenwärtig ein um so erhöhteres Interesse, als das durch sie in 
seinen Grundzügen dargelegte Zehnersystem seine Allgewalt über 
die verschiedensten Zweige des Mass- und Verkehrswesens aus 
zudehnen beginnt. Wenn wir uns im sicheren Vollbesitze all 
der enormen Bequemlichkeiten fühlen, welche uns aus dieser 
Verbesserung erwachsen, so vermögen wir kaum zu denken, dass 
es je anders gewesen sein könne — und doch, wie viele Schritte 
waren nöthig, um endlich zu der jetzt erreichten Höhe zu ge 
langen. Nicht bloss für den Mathematiker, nicht bloss für den 
Culturhistoriker, nein für jeden denkenden Menschen muss die 
Rückschau auf diesen Entwickelungsgang das höchste Interesse 
Note iS.bieten. Wir sehen, wie sich unter den Händen der römischen 
Feldmesser ein unnatürlich complicirtes Bruchrechnungssystem 
ausbildete, dessen Unbehilflichkeit dem praktischen Rechner 
ebensosehr wie dem Gelehrten sich stündlich aufdrängen musste, 
ohne dass man doch Jahrhunderte hindurch eine Besserung zu
	        
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