Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

17 
Schriftsteller thun. Auf der einen Seite der hochentwickelte 
Formensinn der ernsten Acgypter, der sich uns in den gross 
artigsten Produktionen architektonischer Kraft offenbart und zum 
denkenden Betrachten räumlicher Beziehungen hindrängen musste 
— auf der anderen die für a Handel und Verkehr organisirte 
leichtbewegliche Art der Semiten, welcher die calculatorische 
Seite der Grössenlehre vor Allem Zusagen musste. Und in der 
That, diese von der griechischen Nachwelt uns überlieferten Note 21. 
und aus den natürlichen Verhältnissen beider Völker ungezwun 
gen zu erklärenden Fakta finden ihre schönste Bestätigung in 
den Resultaten der Hieroglyphenforschung hier, des Keilschrift 
studiums dort. 
Nehmen wir nach dieser Abschweifung den Faden unserer Note 22. 
Erzählung wieder auf. Man wartete lange vergebens auf eine 
direkte Bestätigung der hellenischen Aussagen, da führte ein 
glückliches Ungefähr einem englischen Aegyptologen einen Pa 
pyrus in die Hände, dessen Inhalt sich gleich dem ersten Augen 
schein als mathematisch darstellte. Durch eine zweite Schick 
salsgunst fiel die wissenschaftliche Ausbeutung des herrlichen 
Fundes zwei deutschen Gelehrten zu, die in den beiden hier zur 
Verwerthung kommenden Fächern, Geschichte der Mathematik 
und Hieroglyphenkunde, zu den Ersten zählen; gegenwärtig liegt 
der Inhalt des Papyrus erschlossen da, und binnen Kurzem steht 
uns eine Publikation in Aussicht, die für jeden Gebildeten, das 
darf man sagen, das höchste Interesse bieten muss. Und für 
den die wissenschaftlichen Zustände des Nillandes studirenden 
Forscher steigert sich noch dieses Interesse, wenn er vernimmt, 
dass wir hier kein gelehrtes für die höheren Kasten berechnetes 
Lehrbuch, sondern lediglich ein recht gewöhnliches Vademecum 
der gewerblichen Rechenkunst und Geometrie vor uns haben, wie 
es wohl der handwerksmässige nicht im Verbände der Priester 
kaste stehende Feldmesser seinen praktischen Verrichtungen im 
Alltagsleben zu Grunde zu legen pflegte. Dem Fachmann selbst 
sind die in diesem Büchlein — dieser Eselsbrücke — gebotenen 
Thatsachen unschätzbar. Die Form der ägyptischen Bruchrech 
nung stellt sich uns in einer Reihe völlig durchgerechneter 
Exempel dar, und was wir bereits nach den Inschriften einzelner 
Tempelwände erwarten durften, fortwährend manifestirt sich das 
Bestreben, complicirtere Bruchformen zu vermeiden und alle Um- 
öünther, Ziele u. Resultate der xnath.-Mstor. Forschung. 2
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.