Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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Formungen auf Brüche des Zählers 1 zu reduziren — ein Be 
streben, welches auch die griechische Logistik allseitig durch 
dringt. Ferner bemerken wir eine Reihe von Regeln zur Be 
rechnung der gewöhnlichsten Flächenformen, die Kreisquadratur 
wird auf eine freilich keiner grossen Genauigkeit fähige Ap 
proximationsformel zurückgeführt, und, was vielleicht sachlich 
am wichtigsten ist, die ersten schüchternen Anfänge trigono 
metrischer Rechnung sind deutlich zu erkennen. Hier nun tritt 
uns wiederum ein merkwürdiger Contakt zwischen mathema 
tischer und allgemeiner 'Sprachengeschichte vor Augen. Die 
Figur nämlich, deren Discussion eben eine Art gonioraetrischcr 
Funktionen erfordert, ist nichts anderes als der vertikale Durch 
schnitt einer Pyramide; die Genese dieses Wortes galt bisher 
für unerklärbar, sie ist diess aber nicht mehr, wenn wir berück 
sichtigen , dass eine der ausgezeichneten Linien jener Beispiels 
figur den Terminus technicus pyr-em-us führt, dessen Verketze 
rung in das griechische nvgapig evident erscheinen muss. Und 
auch aus dem kurzen Abriss der praktischen Stereometrie, wel 
chen die Handschrift mittheilt, lässt sich ein eigentümlicher 
Schluss auf die häuslichen Verhältnisse der alten Aegypter vor 
nun mehr als 4000 Jahren ziehen*). Denn die darin mitgetheilte 
Regel zur Inhaltsbestimmung der Gefässe und Hohlmasse weicht 
so weit von derjenigen ab, welche für die uns geläufigen und 
natürlich scheinenden gilt, dass an einen mathematischen Fehler 
gar nicht gedacht werden kann; vielmehr scheinen in der That 
die üblichen Gefässe der Aegypter nicht die cylindrische Form 
besessen zu haben, welche bei uns für selbstverständlich gilt. An 
der Archäologie wird es sein, für dieses von der mathematisch 
historischen Forschung hypothetisch erschlossene Faktum die 
direkten Belege beizubringen. 
Wir müssen uns an dieser Stelle begnügen, diesen kurzen 
und nur das Wissenswerteste heraushebenden Auszug aus dem 
kostbaren Manuskripte gegeben zu haben; jedoch ist damit die 
Bedeutung des Papyrus in keiner Weise abgeschlossen. Denn 
*) Der Papyrus Eli ind stellt sich nämlich, obschon er selbst einer ver- 
hältnissmässig späten Periode angehört, als Copie eines ungleich älteren 
Werkes dar, dessen Abfassungszeit bis auf eine der frühesten historisch über 
haupt noch bekannten Dynastieen zurückgieng.
	        
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