Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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auf, um dann freilich von einer Reihe zeitgenössischer Mathe 
matiker definitiv zurück- und in die Rumpelkammer gewiesen zu 
werden. Welch’ eigenthümlicher Prozess, den wir in dieser 
Note 25.Fortpflanzung wahrnehmen! Cantor in Heidelberg hat über die 
Art und Weise dieses zähen Daseinskampfes sowohl in dem so 
eben besprochenen als auch in manchem anderen nicht weniger 
interessanten Falle ausgedehnte Untersuchungen angestellt; das 
Facit, welches wir aus seinen Resultaten ziehen, ist der Einblick 
in die Thatsache der Unzerstörbarkeit geistiger Errungenschaf 
ten. Es mögen dieselben wirklich ewige Wahrheiten involviren, 
es mögen dieselben nur, wie speziell hier, eine unvollkommene 
Annäherung bieten, stets wird unter den ungünstigsten äusseren 
Verhältnissen ihr gänzliches Zugrundegehen vom Schicksal ver 
hütet werden , und schon aus diesem Grunde glauben wir nicht 
an einen völlig entschwundenen Idealzustand der Wissenschaften 
und Künste, wie uns ein solcher in den astronomischen Utopieen 
eines Bailly und anderer Schwärmer ausgemalt wird. 
Note 26. Werfen wir jetzt noch einen Blick auf eine Nachtseite un 
seres Gebietes. In seiner vor der 48. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte gehaltenen Begrüssungsrede hat Pro 
fessor Rollett in Graz in lichtvoller Weise die eigenthümliche 
Doppelnatur des grossen Deutschen gekennzeichnet, der, mit dem 
einen Fusse noch tief in mittelalterlichen Begriffen und Vor 
stellungen wurzelnd, gleichwohl auf der anderen Seite der exak 
ten Forschung neue ungeahnte Bahnen erschloss. Dieser Mann, 
Johannes Kepler, kann so recht als Prototyp einer wissen 
schaftlichen Richtung gelten, welche in die Tiefen mystisch-theo 
logischer Spekulation über das Wechselverhältniss guter und 
böser Geister mathematisch-astronomische Elemente hineinzutra 
gen bestrebt war und so einen neuen ausgedehnten Wissenszweig 
in’s Leben rief, den man nicht unpassend mit dem Namen der 
Note 27. „Dämonologie“ bezeichnen könnte. Als charakteristisch für diese 
Form absonderlicher Gedankenrichtung kann das Studium jener 
Gebilde nennen, welche wir Sternvielecke nennen; „das Penta- 
grarairia macht Dir Pein“ ruft Faust dem an der Schwelle inne 
haltenden Mephistopheles zu. Die pythagoräische Schule 
bereits hatte diese Figur, deren Eigenschaften wahrscheinlich 
der Meister selbst im Verlaufe einer anderen geometrischen 
Untersuchung erkannt hat, als das Symbol ihres Bundes nor-
	        
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