20
auf, um dann freilich von einer Reihe zeitgenössischer Mathe
matiker definitiv zurück- und in die Rumpelkammer gewiesen zu
werden. Welch’ eigenthümlicher Prozess, den wir in dieser
Note 25.Fortpflanzung wahrnehmen! Cantor in Heidelberg hat über die
Art und Weise dieses zähen Daseinskampfes sowohl in dem so
eben besprochenen als auch in manchem anderen nicht weniger
interessanten Falle ausgedehnte Untersuchungen angestellt; das
Facit, welches wir aus seinen Resultaten ziehen, ist der Einblick
in die Thatsache der Unzerstörbarkeit geistiger Errungenschaf
ten. Es mögen dieselben wirklich ewige Wahrheiten involviren,
es mögen dieselben nur, wie speziell hier, eine unvollkommene
Annäherung bieten, stets wird unter den ungünstigsten äusseren
Verhältnissen ihr gänzliches Zugrundegehen vom Schicksal ver
hütet werden , und schon aus diesem Grunde glauben wir nicht
an einen völlig entschwundenen Idealzustand der Wissenschaften
und Künste, wie uns ein solcher in den astronomischen Utopieen
eines Bailly und anderer Schwärmer ausgemalt wird.
Note 26. Werfen wir jetzt noch einen Blick auf eine Nachtseite un
seres Gebietes. In seiner vor der 48. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte gehaltenen Begrüssungsrede hat Pro
fessor Rollett in Graz in lichtvoller Weise die eigenthümliche
Doppelnatur des grossen Deutschen gekennzeichnet, der, mit dem
einen Fusse noch tief in mittelalterlichen Begriffen und Vor
stellungen wurzelnd, gleichwohl auf der anderen Seite der exak
ten Forschung neue ungeahnte Bahnen erschloss. Dieser Mann,
Johannes Kepler, kann so recht als Prototyp einer wissen
schaftlichen Richtung gelten, welche in die Tiefen mystisch-theo
logischer Spekulation über das Wechselverhältniss guter und
böser Geister mathematisch-astronomische Elemente hineinzutra
gen bestrebt war und so einen neuen ausgedehnten Wissenszweig
in’s Leben rief, den man nicht unpassend mit dem Namen der
Note 27. „Dämonologie“ bezeichnen könnte. Als charakteristisch für diese
Form absonderlicher Gedankenrichtung kann das Studium jener
Gebilde nennen, welche wir Sternvielecke nennen; „das Penta-
grarairia macht Dir Pein“ ruft Faust dem an der Schwelle inne
haltenden Mephistopheles zu. Die pythagoräische Schule
bereits hatte diese Figur, deren Eigenschaften wahrscheinlich
der Meister selbst im Verlaufe einer anderen geometrischen
Untersuchung erkannt hat, als das Symbol ihres Bundes nor-