Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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Gesetzmässigkeit die nämlichen Phasen wie in derjenigen der 
Sternpolygone. Arabische Arithmologen — wohl keine eigent 
lichen Mathematiker — brachten solche Zahlenschemate auf 
ihren Talismanen an; die ihren Anordnungen vermuthlich still 
schweigend zu Grunde gelegten Regeln wunderten über die 
Grenze in das byzantinische Kaiserthum, und ein Gelehrter dieses 
Landes, ein gewisser Moschopulos, stellte dieselben zu einem 
wissenschaftlichen Ganzen zusammen, welches bei aller Unbe- 
hülflichkeit der Ausdrucksweise durch die Eleganz der Methoden 
uns noch heute Achtung abnöthigfc. Auf dieser Leistung baute, 
ohne Wesentlich Neues beizufügen, die nächste Zeit foijt, wie in 
jenem ersten Falle löst^sich der „magische“ Schleier immer 
mehr ab, und mit Verwunderung sehen wir den excentrischen 
Theophrastus Paracelsus die Zauberquadrate, deren medi- 
cinischen Nützen er in einer eigenen Abhandlung genau erörtert 
hat, an einer anderen Stelle unter die Zahl unnützer und markt 
schreierischer Arkana einreihen. Mit um so grösserer Energie 
weiss dagegen die Mathematik den von der Kryptologie aufge 
gebenen Stoff zu gebrauchen; die Betrachtungen, zu welchen 
derselbe einen Stifel, einen Bach et und eine ganze Reihe 
späterer französischer Mathematiker anregte, gehören zu den 
glänzendsten Erscheinungen in der Geschichte der Zahlentheorie; 
ja selbst der Heros der neueren Mathematik, Leonhard 
Euler, entzog sich dem Einfluss des Modeproblemes nicht. 
Kurz, Sternvielecke und Zauberquadrate bieten uns im Grossen 
und Ganzen den nämlichen Anblick wie die als wichtiges kul 
turhistorisches Moment schon längst gewürdigte Astrologie. An 
fänglich blindes Hingoben an die übernatürliche Bedeutung, als 
dann, oft in der sonderbarsten Weise verquickt, schüchterne 
Versuche, der Sache eine rein scientifische Seite abzugewinnen 
Note 29.— entwarf doch selbst ein Regiomontan ganz elegante und 
auf sphärische Trigonometrie gestützte Regeln zum sachgemässen 
Betrieb der Sterndeuterei. Bann endlich wagt eine neue Gene 
ration, mit den Phantasmen gänzlich abzuhausen, als unschäd 
liche Gespenster treiben sich dieselben noch ein paar Jahrzehnte 
in den Folianten gelehrter Vielschreiber — z. B. des Hauptver- 
treters eines polyhistorischen Streberthums, des Athanasius 
Ki roher — umher, endlich verbleichen auch diese, und aus den 
krankhaften Geisteszuständen einer vergangenen Welt hat sich
	        
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