Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

anknüpfen, er wird den Differentialquotienten in seiner Beziehung 
zur Curve darstellen — gleichviel, der Schüler wird zwar sehr 
bald einsehen lernen, dass sich diess in der That so verhält, 
allein die feste innere Ueberzeugung, es könne nur so und nicht 
anders sein, werden auf diesem Wege nur ganz bevorzugte Gei 
ster erhalten können. 
Will man dagegen den Forderungen einer richtigeren Päda 
gogik Rechnung tragen, so beginne man mit geschichtlichen Er 
örterungen. Um zunächst bei der Differentialrechnung stehen zu 
bleiben, so beginne man mit dem Problem des Tangentenziehens, 
erwähne, bis wieweit und mit Ueberwindung welcher Schwierig 
keiten Archimedes 1 ) dasselbe löste, gedenke vorübergehend 
der Spuren des Krümmungsradius, welche bei Apollonius zu 
Tage treten 2 ), und wende sich dann der Neuzeit zu. Die Tan 
gentenregel des Cartesius, die kinematischen Betrachtungen 
Roberval’s 3 ) müssen bemerkt werden, um genau den Stand 
punkt zu kennzeichnen, bis zu welchem die Wissenschaft noch 
ohne Zuhülfenahrae eigentlicher Differentialbetrachtungen sich zu 
erheben vermochte*, dann aber ist besonderes Gewicht auf die 
von solchen Ueberlegungen bereits ungescheut Gebrauch machen 
den Lösungsversuche Fermat’s zu legen. Daran hat sich eine 
Darlegung der grossen Verschiedenheit zu knüpfen, welche zwi 
schen Fermat’s Rechnung mit „intensiven“ Nullen und dem 
wahren Calcul des Infinitesimalen obwaltet, eine Darlegung, 
welche die historisch ganz unberechtigten Versuche französischer 
Mathematiker 4 ) in ihrem wahren Lichte erscheinen lassen wird, 
Fermat die Priorität vor Leibnitz-Newton zuzusprechon. 
Auch auf Barro w’ s Einführung des charakteristischen Dreiecks 
zwischen der Fluxion von Abscisse, Ordinate und Bogen ist ge 
bührend Rücksicht zu nehmen. 
Hat man solchergestalt die genetische Deduktion der Begriffe 
Differential und Differentialquotient erbracht, so kann man, um 
einen Vorschmack von der eigentlichen Differentialrechnung zu 
geben, die geschichtliche Entwickelung der Lehre vom Grössten 
und Kleinsten vorführen. Auch hier wird man zuerst des 
Apollonius Normalenziehen nennen 5 ); alsdann erscheint 
Regiomontanus 6 ) als derjenige, der zuerst ein solches Problem 
in dem uns jetzt geläufigen Sinne formulirte, und endlich wird
	        
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