wiederum Fermat’s Behandlungsweise ihrem hohen propädeu
tischen Werthe nach besprochen *).
Ganz ebenso wie in der Differentialrechnung, kann man auch
in ihrem analytischen Gegenstück, der Integralrechnung, sich
verhalten. Ist doch in gewissem Sinne der Begriff des bestimm
ten Integrales, natürlich geometrisch aufgefasst, einer der älte
sten, die man überhaupt in der Mathematik voriindet, und dieser
Begriff ist es ja auch, den abweichend vom früheren Usus die
strengere Begründung der höheren Analysis an die Spitze der
Integralrechnung stellen muss. Die Alten freilich wussten diesem
Begriff, welcher durch die in ihm implicit enthaltene Vorstellung
der unendlichen Theilbarkeit für ihr strenges Gefühl anstössig
war, durch ihre apagogischen Beweise die Spitze abzubrechen.
Jene Italiener aber, welche in der Restaurationsperiode zuerst
wieder aus Archimedes schöpften, konnten sich in diese
eherne Strenge der Beweisführung nicht mehr hineindenken, sie
änderten also sein Verfahren in einer Weise um, die man nicht
anders denn als eine Depravation, aber als eine recht glückliche
und folgenreiche Depravation bezeichnen kann. Die Schilderung,
welche Gerhardt 9 ) von jenen Epigonen der antiken Schule
giebt, scheint uns sehr zutreffend, weshalb sie hier wiedergegeben
sein möge. „Unbekümmert um einleitende und vorbereitende
Sätze, in denen der wahre Nerv der archimedischen Schärfe ge
funden wird, umschloss man jede krummlinige Fläche sogleich
durch Polygone und Polyeder und behauptete, dass die gegebene
Figur von den umschriebenen bei Vermehrung ihrer Seiten und
Seitenebenen in’s Unendliche sich um eine kleinere, als irgend
eine angebbare, unterscheide, die deshalb zu vernachlässigen sei.
Auf diese Weise verschwand die strenge geometrische Evidenz,
welche Archimedes in seinen Untersuchungen so geschickt
aufrecht erhalten hatte, und an ihre Stelle trat, wenn auch noch
verhüllt, die vage Vorstellung des ünendlichkleinen.“ Mag
jene Vorstellung bei diesen ersten schüchternen Versuchen noch
*) Auch auf die Versuche des Heliodorus 7 ) und Heron 8 ), das be
kannte Reliexionsgesetz geometrisch aus dem hypothetisch angenommenen
Principe des kürzesten Weges nachzuweisen, würde sich hindeuten lassen, zu
mal da die Behandlung dieser Aufgabe durch analytische Hülfsmittel zu den
interessantesten ihrer Art zählt.