Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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paar andere interessante und wahrscheinlich neue Belege zu 
unserem historischen Erfahrungssatze beizubringen. 
Die Forderung, über die anscheinend so ungeregelten Be 
wegungen der Wandelsterne sich eine bestimmte Theorie zu 
bilden, trat an die griechischen Astronomen bereits in einer ver- 
hältnissmässig frühen Epoche heran. Der Historiograph der 
yor-alexandrinischen Sternkunde, Schaubach*), dessen Lei 
stung auch heute noch recht beachtenswerth ist, hat mit grosser 
literarischer Kenntniss die auf jene ältesten Versuche bezüg 
lichen Stellen gesammelt. Eudoxus, der Erste, über dessen 
Bemühungen in dieser Hinsicht Genaueres vorliegt, nimmt zur 
Erklärung der Bewegung von Sonne und Mond drei Kreise an 2 ). 
Wie Simplicius richtig bemerkt, hätten zwei Cirkularbewe- 
gungen das Nämliche geleistet, aber es scheint geradezu, den 
Eudoxus habe bei seiner Aufstellung ein ähnlicher übertrie 
bener Genauigkeitssinn geleitet, wie späterhin den Reformator 
der theorischen Astronomie bei seiner Postulirung einer Erd- 
axen-Nutation zur Erklärung ihres Parallelismus. Für die Pla 
neten 3 ) traten noch zwei weitere Kreise hinzu; die Ermittelung 
des eigentlichen Planetenstandes scheint dann in ganz zweck 
entsprechender Weise durch Zusammenfassung all dieser Com- 
ponenten zu einer Art von Parallelogramm der Bewegungen vor 
genommen worden zu sein. Dachte man sich jeden einzelnen 
dieser Kreise als Hauptkreis einer Kugel, so kam jene wohl 
weiterhin bekannte Einschachtelung von Sphären zu Stande, 
deren somit das Sonnensystem nicht weniger als 26 enthielt. 
Damit nicht zufrieden, erhöhte Kalippus 4 ) ihre Zahl auf 33, 
und aus einer an sich richtigen Wahrnehmung unrichtig fort- 
schliessend brachte es Aristoteles 5 ) bis auf 55. Ihm zufolge 
bedurfte nämlich noch jeder Himmelskörper eine Anzahl von 
„Correktionssphärcn“, um die von den Sphären anderer Mitglie 
der des Systemes ausgeübte hemmende oder beschleunigende 
*) Es ist uns nicht unbekannt, dass die Doktrinen der älteren Griechen 
über Planetenbewegung ganz kürzlich durch Henri Martin 1 ) eine ein 
gehende Neubearbeitung erfahren haben; getreu jedoch unserem bei Aus 
arbeitung dieser Schrift massgebenden Grundsätze, möglichst häufig auf all 
gemeiner bekannte Werke hinzuweisen, haben wir uns hier an jenes ältere 
darum aber noch keineswegs antiquirte Buch gehalten.
	        
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