Aehnlich wie wir hier eine alte und längst vergessen ge
glaubte Lehre in neuem Gewände auch zu neuem Leben ent
stehen sahen, sehen wir auch den interessanten Fall sich er-
ereignen, dass eine Theorie, über welche die Nachwelt bereits
als falsch und unbrauchbar hinweggegangen war, gleichwohl in
wenig veränderter Form von Neuem auftaucht und nun einen
ganz gesunden Kern offenbart. Für diese Erscheinung bietet
uns die Geschichte der Optik ein recht prägnantes Beispiel. Das
prachtvolle Phänomen des Regenbogens hatte selbstverständlich
schon die Aufmerksamkeit der Alten auf sich gezogen, Aristo
teles und Seneca hatten ihren Scharfsinn daran versucht, und
insoweit wenigstens waren diese Erklärungsversuche gelungen,
als man den Regenbogen als Ergebniss einer Reflexion der
Sonnenstrahlen anzusehen sich gewöhnt hatte. Auf diesem aller
dings noch sehr primitiven Standpunkt befand sich auch noch
die in den Schriften der „lauteren Brüder“ gewissermassen ver
körperte arabische Naturwissenschaft im lOten Säculum unserer
Zeitrechnung 13 }. Drei Jahrhunderte später aber konnte diese
Anschauung nicht mehr genügen, der blosse Begriff zurückge
worfenen Sonnenlichtes reichte nicht aus, und man fragte sich,
wie denn überhaupt eine solche Zurückwerfung vor sich gehen
müsse, um solch’ farbenprächtige Gebilde zu erzeugen. Diese
Frage suchte der geistvolle wenn auch freilich höchst unkritische
Geograph Kazwini zu beantworten, und er glaubte sie gelöst
zu haben, wenn er den Akt des Reflektirens nicht den Luft-
theilchen selbst, sondern einem hinter denselben befindlichen
dunklen Hintergrund übertrüge. Er sagt u ) vom Regenbogen:
„Dieser kann nur entstehen, wenn gerade der Richtung der
Sonne gegenüber sehr feine, durchsichtige und kleine Wasser-
theilchen in Folge des Niederfallens von Regen oder des Ent
stehens von Wasserdämpfen sich bilden, wenn ferner die Sonne
völlig enthüllt und nahe an dem gegenüberliegenden Punkt des
Horizontes steht, wenn endlich hinter diesen Wassertheilchen
sich ein dichter, undurchsichtiger Körper, z. B. ein Berg oder
fortschreiten. Hierher gehören vor Allem auch diejenigen Reihen, welche
man nach dem Vorgänge von Bes sei zur Berechnung periodischer Natur
begebenheiten zu benützen pflegt, und allgemeiner die für mathematische
Physik so wichtigen Fourier’sehen Reihen.