durch don Russen Lohatschewsky, in ungleich vollkommener
Weise durch Gauss’ Jugendfreund, den Ungarn Wolf gang
Bolyai, realisirt. Musterhaft ist zumal die Scheidung zu nen
nen, welche dieser letztere in Gemeinschaft mit seinem Sohne
Johann vollzog, insoferne sie strenge die alte euclidische Geo
metrie in zwei Abtheilungen sonderten, deren eine nur unter
Voraussetzung des Parallelenaxioms Gültigkeit besitzt, während
die Theoreme der anderen ganz allgemein richtig sind; bei der
schweren Zugänglichkeit dieser Arbeiten vergleiche man die in
ihrer Kürze vortrefflich klare Darstellung von Frischauf 10 )
In neuester Zeit hat man die Anfänge, welche in diesen Schrif
ten niedorgelegt sind, zu einem selbstständigen Wissenszweig
zu erweitern gesucht; man hat nach dem Vorgänge Cayley’s
jener Bolyai’schen Geometrie als der „hyperbolischen“ eine
neue „elliptische“ gegenübergestellt 1[ ) und solchergestalt unter
dem Kamen der „nicht-euclidischen“ eine neue Geometrie be
gründet, welche die „gewöhnliche“ oder „parabolische“ als spe
ziellen Ueborgangsfall in sich schliesst.
Alle diese Untersuchungen sind sicher im hohen Grade be
rechtigt, solange sie sich in rein abstrakter Form introduciren;
der Parallelenfrage ist dadurch eine wesentlich neue Seite abge
wonnen, aber gelöst ist sie nicht worden. Freilich hört man
diess oft genug aussprechen. So sagt z. B. Baltzor 12 ): „Dass
die Versuche, jenes Axiom (oder ein Aequivalent desselben) zu
beweisen, aussichtslos sind, diese von Gauss (seit 1792) gehegte
Ueberzeugung findet ihre Bestätigung durch die Existenz einer
widerspruchsfreien abstrakten Geometrie.“ Allein der oberste
Richter, welcher über geometrische Widersprüche überhaupt zu
entscheiden im Stande ist, scheint uns doch die Anschauung
einzig und allein zu sein, und da Hypergeometrie principiell auf
die Beihülfe dieser letzteren verzichtet, so kann sich aus ihrem
blossen Bestehen unmöglich ein Rückschluss auf das Wesen des
Parallelensatzes ableiten lassen: beide stehen unvermittelt neben
einander.
Wenn also auch die Hoffnung auf eine wirkliche Begrün
dung der Parallelentheorie unserer festen Ueberzeugung nach
nicht aufgegeben werden darf, so geht doch andererseits aus den
Grundlagen jener Pangeometrie mit zwingender Gewalt die
Kothwendigkeit hervor, die Fundamente der Planimetrie völlig