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umzugestalten. Solange man Ebene und Gerade als direkt ge
gebene Begriffe zu definiren sich begnügte, war ein Fortschritt
unmöglich; das beweisen recht deutlich die neuesten von
Baltzer 13 ) in ihrer Nichtigkeit nachgewiesenen Beweisversuche
von Car ton und Minarelli, Aber beweisen werden sich ge
wisse Thatsachen lassen, aus denen sich die Existenzbedingun
gen von Gerade und Ebene ergeben. Ausgehend von der glück
lichen Idee, dass nicht in diesen beiden, sondern in Kreis und
Kugel die primären Vertreter der Raumgebilde erster und zwei
ter Stufe gegeben seien, hatte schon De ah na 14 ) einen von
Gauss gebilligten Beweis dieser Art geliefert, und die Idee,
dass auf diesem Wege positivere Resultate sich gewinnen lassen
möchten, hat in neuester Zeit namhafte Vorkämpfer gefunden.
Insbesondere erschien von Becker, der schon früher den guten
Gedanken, man müsse die Basis der Legendre’schen Theorie
eingehender analysiren, in die Discussion geworfen hatte 15 ), in
diesen Tagen ein Aufsatz 16 ) ; welcher einer sorgfältigen Prüfung
werth sein dürfte *).
Auch hier sehen wir somit den uns bereits geläufig gewor
denen Vorgang sich vollziehen. Auf dem alten Unterbau licss
sich ein festes Gebäude nicht errichten; das Material musste zu
erst einer sorgfältigeren Prüfung unterworfen werden, und nun,
nachdem diess geschehen, scheint sich ein neuer Bauplan mit
besserer Aussicht auf Erfolg entwerfen zu lassen.
1) Kästner, Geschichte der Mathematik, 1. Band. S. 373 ff.
2) Chasles, Geschichte der Geometrie, S. 73.
3) Klügel, Conatuum praecipuorum'theoriam parallelarum demonstrandi
recensio, Göttin gae 1763.
4) J. J. J. Hofmann, Kritik der Paralleltheoricen, erster Theil, Jena
1807.
5) Müller, Auserlesene mathematische Bibliothek, Nürnberg 1820.
S. 229 ff.
6) Ibid. S. 6.
*) Wir möchten bei dieser Gelegenheit auf einen eigenen demnächst in
Battaglini’s „Giornale“ erscheinenden Versuch hinweisen, welcher ähnliche
Tendenzen, wie die trefflichen Arbeiten von Becker und Worpitzky 17 ) ver
folgt, seinen Ausgangspunkt jedoch von einer anderen der neueren Mathe
matik unentbehrlich gewordenen Grundvorstellung hcrholt.