Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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theraatik, meint er j ), werde in neuester Zeit grossentheils nicht 
nach richtigen Grundsätzen betrieben, und die Produktionen auf 
diesem Gebiete böten häufig mehr philologisches als wirklich 
mathematisches Interesse. Wäre das auch wahr, so vermöchten 
wir darin immer noch nichts Bedenkliches zu erblicken; soweit 
jedoch unsere Detailkenntniss reicht, sind uns nur sehr wenig 
Erscheinungen fraglicher Art zu Gesichte gekommen. Wir kön 
nen somit diesen Vorhalt nicht als berechtigt anerkennen. 
Es wird uns sicherlich nicht einfallen, Studien, welche sich 
auf moderne Mathematik beziehen, für unnütz oder auch nur 
für weniger nutzbringend ausgeben zu wollen; Arbeiten wie die 
von Ohrtmann über die Isochronen, von Wittstein über das 
Malfatti’sche Problem, vonBösser über die Kaustiken und vor 
Allem der schöne Cyklus Todhunter’scher und Giesel’scher Ab 
handlungen werden den Bearbeitern zusammenhängenderer Gebiete 
immer hochwillkommen sein. Aber schwieriger und desshalb in 
gewissem Sinne verdienstvoller sind doch unstreitig jene ange 
fochtenen Leistungen, selbst wenn man die kulturgeschichtliche 
Seite dieser letzteren, an deren Bedeutung wohl Niemand wird 
rütteln wollen, gänzlich bei Seite lässt *). 
Die Arbeiten der ersten Art haben, da bei ihren Verfassern 
die Sachkenntniss conditio sine qua non sein muss, ausser auf 
möglichst vollständige Materialbeschaffung nur noch auf ange 
messene vergleichende Stylisirung Bedacht zu nehmen **j. Ganz 
anderer Natur sind aber die Aufgaben, welche es beim Aufhellen 
dunkler Gebiete in grauer Vorzeit zu lösen gilt. Schon die 
Auffindung der Orte, welche allenfalls unserem Zwecke Ent 
sprechendes darbieten, ist oft keine leichte Sache; hat man aber 
dieselben ausfindig gemacht und die etwa sich bietenden sprach- 
lich-palaeographischen Schwierigkeiten bestmöglichst überwunden, 
*) Der Verf. glaubt um so ruhiger dieser seiner Ueberzeugung Raum 
geben zu dürfen, als seine eigenen historischen Versuche der überwiegenden 
Mehrzahl nach eine spätere Periode betreffen, 
**) Gegen diess Princip wird oft gesündigt. So ist z. B. das Geschichts 
werk von Suter 2 ), gegen dessen ersten Theil Vorwürfe schwererer Art laut 
wurden, in seinen späteren Lieferungen ein ganz brauchbares Buch geworden, 
jedoch ist es kein Lehrbuch der Geschichte, sondern ein historisches Hand 
buch gewisser mathematischer Disciplinen.
	        
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