Full text: Ziele und Resultate der neueren mathematisch-historischen Forschung

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und besonders Humboldt hatte an verschiedenen Stollen im 
zweiten Bande seines Kosmos auf die Bedeutsamkeit der das 
Kalifenland gegen Osten abschliessenden Zollgränze für die Ein 
führung jener Methoden in arabisches Gebiet hingewiesen. Allein 
die weitverbreitete Uebcrzeugung von der principiellen Identität 
indischer und arabischer Zahlzeichen erlitt einen beträchtlichen 
Stoss durch De Sacy’s Entdeckung lö ) einer völlig neuen arabi 
schen Zahlbezeichnung, in welcher auch der beste Wille keine 
Analogie mit indischen Vorbildern zu entdecken vermochte. 
Diess sind eben die sogenannten Gobar- (Staub-) Ziffern, welche 
auch abgesehen von allen gestaltlichen Verschiedenheiten einem 
principiell differirenden Zahlensysteme anzugehören schienen. 
Die Historiker haben sich über diese räthselhafte Erscheinung 
redlich die Köpfe zerbrochen, bis endlich Wöpcke den Schleier 
lüftete 16 ). Er wies den grundsätzlichen Gegensatz zwischen 
ostarabischen und westarabischen oder maghrebinischen Ziffern 
nach, welche letztere eben die Gobarziffern sind, während die 
ersteren ihre indische Basis nicht verläugnen können. Stimmte 
diese Bifurkation auch recht gut mit all’ den Ergebnissen, welche 
die historische Forschung für die beiden grossen Hälften des 
mohamedanischen Weltreiches zu Tage gefördert hatte, so musste 
sich dieselbe doch jedenfalls in der geschichtlichen Zeit irgend 
wann vollzogen haben, es mussten sich Mittelglieder und Ab 
stufungen nachweisen lassen. Auch hier trat wieder Wöpcke 
ein 17 ); erwies nach, „dass auch die Verschiedenheit der Gobar- 
ziffern und die der indisch-arabischen eine allmälige und zwar 
in Indien selbst entstandene sei, dass von den ersten Jahrhun- 
hunderten unserer Zeitrechnung an bis zum achten, d. h. seit 
der Mittheilung altindischer Zahlzeichen nach Alexandria (Go 
barziffern) bis zur Ankunft indischer Gelehrten oder Abhand 
lungen zu Bagdad (ostarabische Ziffern) auch die Gestalt der 
Zahlzeichen in Indien sich geändert habe.“ Ein gewichtiger 
Gewährsmann steht dieser Auffassung W ö p c k e’s zur Seite. Im 
elften Jahrhundert bereiste nämlich ein gelehrter Araber, der 
Mathematiker Albiruni, das Land jenseits des Indus, und die 
Eindrücke, welche er offenen Auges und Ohres daselbst empfiong, 
hat er uns in einem ausführlichen Reiseberichte 18 ) geschildert. 
Albiruni nun bezeugt ausdrücklich die in Indien herrschende 
Verschiedenheit der Zifferformen.
	        
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