Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

[Gerling an Gauß.] 
Kassel, den 8. Novbr. 1815. 
Teuerster Herr Professor! 
Die Ursache meines heutigen Schreibens ist der beiliegende 
Brief [ J ] von Pfaff, den ich gestern erhalten habe. 
Die Aussicht, die er mir darin eröffnet, als Astronom in Halle 
angestellt zu werden, ist mir sehr erfreulich, und ich sage Ihnen 
meinen herzlichen Dank, daß Sie die Veranlassung dazu gegeben 
haben. Freilich ist auf der Hallischen Sternwarte, so wie sie jetzt 
ist, noch fast gar nichts zu machen, und ich kann mir also von einer 
dortigen Anstellung für meine eigne Ausbildung und den dereinst 
zu leistenden Nutzen bei weitem nicht das versprechen, was ich 
z. B. in Mannheim finden würde; doch, glaube ich, läßt sich von 
dem guten Geist, der jetzt in Preußen herrscht, auch in dieser 
Hinsicht sehr viel Gutes erwarten, und ich denke, daß die Regie 
rung, wenn sie guten Willen von meiner Seite sähe, auch wohl 
geneigt sein würde, mit der Hallischen Sternwarte ernsthafte und 
gründliche Verbesserungen vorzunehmen. — Aus diesen Rücksich 
ten glaubte ich Unrecht zu tun, wenn ich nicht diese Gelegenheit, 
zu einer astronomischen Tätigkeit wenigstens den ersten Schritt zu 
tun, mit Freuden ergriffe. — Ehe ich aber an Pfaff deshalb schreibe, 
wünschte ich Ihren Rat darüber zu hören, und ich bitte Sie also, 
wenn es Ihre Zeit erlaubt, mir denselben recht bald mit Rück 
sendung des Pfaffischen Briefes kund zu tun. — Besonders beengt 
es mich (warum sollte ich Ihnen das nicht freimütig sagen), daß 
Pfaff von mir Bedingungen zu hören wünscht, unter denen ich 
geneigt wäre hinzukommen. — Die Hauptbedingung, die tätige 
Unterstützung der Sternwarte von seiten der Regierung, ist schon 
stillschweigend vorausgesetzt, und ohne diese könnte ich mich dort 
doch nicht glücklich fühlen. Die Bedingungen, die meine äußere 
Lage betreffen, sind mir aber etwas schwer vorzuschreiben; denn 
bessert sich meine äußere Lage nicht um ein namhaftes, so fürchte 
ich, würde ich dann bald wieder in der Lage sein, mich nach Ver 
besserung zu sehnen und die so lästige als kostspielige Ortsverände 
rung herb ei wünschen zu müssen, und schlage ich zu ansehnliche 
Bedingungen vor, so fürchte ich, unbescheiden zu sein. — Ich bitte
	        
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