[Gerling an Gauß.]
Kassel, den 8. Novbr. 1815.
Teuerster Herr Professor!
Die Ursache meines heutigen Schreibens ist der beiliegende
Brief [ J ] von Pfaff, den ich gestern erhalten habe.
Die Aussicht, die er mir darin eröffnet, als Astronom in Halle
angestellt zu werden, ist mir sehr erfreulich, und ich sage Ihnen
meinen herzlichen Dank, daß Sie die Veranlassung dazu gegeben
haben. Freilich ist auf der Hallischen Sternwarte, so wie sie jetzt
ist, noch fast gar nichts zu machen, und ich kann mir also von einer
dortigen Anstellung für meine eigne Ausbildung und den dereinst
zu leistenden Nutzen bei weitem nicht das versprechen, was ich
z. B. in Mannheim finden würde; doch, glaube ich, läßt sich von
dem guten Geist, der jetzt in Preußen herrscht, auch in dieser
Hinsicht sehr viel Gutes erwarten, und ich denke, daß die Regie
rung, wenn sie guten Willen von meiner Seite sähe, auch wohl
geneigt sein würde, mit der Hallischen Sternwarte ernsthafte und
gründliche Verbesserungen vorzunehmen. — Aus diesen Rücksich
ten glaubte ich Unrecht zu tun, wenn ich nicht diese Gelegenheit,
zu einer astronomischen Tätigkeit wenigstens den ersten Schritt zu
tun, mit Freuden ergriffe. — Ehe ich aber an Pfaff deshalb schreibe,
wünschte ich Ihren Rat darüber zu hören, und ich bitte Sie also,
wenn es Ihre Zeit erlaubt, mir denselben recht bald mit Rück
sendung des Pfaffischen Briefes kund zu tun. — Besonders beengt
es mich (warum sollte ich Ihnen das nicht freimütig sagen), daß
Pfaff von mir Bedingungen zu hören wünscht, unter denen ich
geneigt wäre hinzukommen. — Die Hauptbedingung, die tätige
Unterstützung der Sternwarte von seiten der Regierung, ist schon
stillschweigend vorausgesetzt, und ohne diese könnte ich mich dort
doch nicht glücklich fühlen. Die Bedingungen, die meine äußere
Lage betreffen, sind mir aber etwas schwer vorzuschreiben; denn
bessert sich meine äußere Lage nicht um ein namhaftes, so fürchte
ich, würde ich dann bald wieder in der Lage sein, mich nach Ver
besserung zu sehnen und die so lästige als kostspielige Ortsverände
rung herb ei wünschen zu müssen, und schlage ich zu ansehnliche
Bedingungen vor, so fürchte ich, unbescheiden zu sein. — Ich bitte