Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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selbst nach Kassel, so haben Sie wohl die Güte, zu machen, daß 
ich die Fassung wiedererhalte, da ich längst auf andere Weise eine 
Libellenröhre hätte erhalten können, u[nd] sich dann ja nicht mit 
dem Versprechen abspeisen zu lassen, daß er die Glasröhren 
nächstens einsetzen wolle; ein so gewissenloses Betragen, was mir 
schon großen Schaden zugefügt hat, ist mir doch noch an keinem 
Künstler vorgekommen. 
Spät hole ich noch meinen verbindlichen Dank für das 
Geschenk Ihres Lorenz nach. 
Die Geschäfte der Gradmessung nehmen meine ganze Zeit jetzt 
in Anspruch u[nd] setzen mich in allen anderen Sachen zurück. 
Hrn. Hauffs Buch habe ich daher zwar nur durchblättern können, 
doch aber leicht bemerkt, daß die Schäden seiner angeblichen drei 
Beweise diese sind. Beim ersten ist subreptive angenommen, daß 
Fig. 4, das gleichseitige Dreieck, dessen Seite CG wäre, ebenso 
große Winkel hat wie das gleichseitige Dreieck ABC; denn das 
Coroll. 6, pag. 6, ist nur bewiesen, wenn die Hälfte des Winkels CAD 
wirklich in dem gleichs[eiligen] Dreieck ACD gemeint ist; Hauff 
hat aber diese Beschränkung im Coroll. 7 unerlaubterweise weg 
gelassen und pag. 8 in 8) dieses Coroll. 7 auf den Fall angewandt, 
wo ein anderes gleichseitiges Dreieck verstanden wird. 
Beim zweiten Beweise ist schon pag. 29, Cor. 2, ohne Beweis 
angenommen, daß die Schenkel AD, BD wirklich Zusammentreffen. 
Allein abgesehen davon (was übrigens auch nicht bewiesen 
werden kann) ist gar kein Grund da, warum pag. 31, 3), die Linie, 
welche CBE halbiert, die Linie FD u[nd] AD in einem u[nd] dem 
selben P[un]kte D treffen soll. 
Endlich, beim dritten Beweise, ist pag. 55 Demonstr. 3) nicht 
per hyp[othesin] BD die Chorda Quadrantis, sondern dies soll ja 
eben bewiesen werden, also hier eine wahre petitio principii. 
Ich überlasse Ihnen, ob Sie den Versuch machen wollen, 
Hrn. Hauff das Wesentliche dieser von mir eilig nieder geschriebenen 
Bemerkungen anzuzeigen. Es ist unbegreiflich, wie ihm bei der 
formalen Ordnung seines Vortrages so offenliegende Sachen ent 
gehen konnten, aber eben deswegen zweifle ich, daß ihm die Augen 
überhaupt geöffnet werden können, denn es ist doch wohl zu prä- 
sumieren, daß sein Utrechter Gegner dieselben Dinge releviert 
haben wird. Sie, liebster Gerling, wissen übrigens, daß ich sonst 
zwar mit Legendre einerlei Ansicht habe, aber darin von ihm 
abweiche, daß ich seinen sogenannten analytischen Beweis für 
nicht besser halte wie die andern alle. Die neue Ausgabe seiner 
Geometrie habe ich übrigens nicht gesehen. 
Ich schließe mit der Versicherung meiner freundschaftlichen 
Ergebenheit. G.
	        
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