Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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sind vielleicht in dem neuen Berliner Jahrbuch (das ich eben jetzt 
zum Buchbinder geschickt habe) bekannt gemacht. Das Bad in 
Baden wollte meiner Frau nicht bekommen, unser Aufenthalt hat 
daher dort nicht lange gedauert; wir entschlossen uns, die Rück 
reise nicht, wie wir anfangs wollten, über Mainz, Koblenz usw., 
sondern östlich zu machen. Wir reisten also über den Schwarzwald 
durch das schöne Murgtal nach Tübingen, und von da über Stutt 
gart, Heilbronn, Würzburg, Gotha und Eisenach hieher zurück; 
ich hatte dabei das Vergnügen, Bohnenberger und Wurmf 1 ] per 
sönlich kennen zu lernen und Lindenau und Hansen [ 2 ] wiederzu 
sehen; Encke war schon abgereist. Die ganze Reise war eigentlich 
für die Zeit, die wir darauf wenden konnten und die doch einen 
Monat betrug, etwas zu weit, so daß wir an den verschiedenen Orten 
nicht so lange verweilen durften, wie zu wünschen gewesen wäre; 
indessen haben wir doch mannigfaltigen Genuß gehabt, und im 
allgemeinen scheint die Reise, obwohl wir uns anfangs davon eher 
angegriffen fühlten, doch nicht übel auf unsere Gesundheit gewirkt 
zu haben. Sehr rege geworden ist mir aber der Wunsch, in Zu 
kunft einmal in Ihrer schönen Gegend ein wenig länger ver 
weilen zu können. 
Ich habe seit meiner Zurückkunft angefangen, etwas über die 
Anordnung der Materialien zu dem größeren Werke, welches ich 
über höhere Geodäsie vorhabe, nachzudenken, und einiges einzelne 
niederzuschreiben. Leider zeigt sich aber dabei die Notwendigkeit, 
sehr weit auszuholen. Die allgemeinen Untersuchungen über die 
krummen Flächen, die untereinander innig Zusammenhängen, 
wachsen immer mehr an, und es zeigt sich, daß die Entwicklung 
meiner Behandlung selbst eine neue Bearbeitung mancher gewisser 
maßen elementarischer Materien voraussetzt. Es scheint fast, daß 
die Masse so unförmlich wird, daß vieles davon vorher abgetrennt 
werden muß. Vielleicht kann das z. B. mit meiner Behandlung 
der Figuren sowohl in plano als auf krummen Flächen geschehen. 
Insofern z. B. deren Inhalt durch Formeln ausgedrückt wird, die 
positive wie negative Werte haben können, erkennt man die Not 
wendigkeit, die Figuren aus dem Gesichtspunkt der Art ihrer Er 
zeugung zu betrachten, und dann muß man notwendig den Begriff 
der Figuren generalisieren, so daß er nicht auf solche eingeschränkt 
Avird, die einen Raum einschließen, sondern daß solche, deren Um 
fang sich seihst schneidet, ebensogut wie die andern in Betracht 
kommen. Dabei werden aber manche Sachen, die nur für einfach 
geschlossene Figuren gelten, anders modifiziert, z. B. daß die ganze 
C 1 Wurm, Johann Friedrich, geh. 1760, gest. 1833, Astronom, früher Pfarrer in 
Gruibingen hei Göppingen, seit 1800 Professor in Blaubeuren, seit 1807 am Ober 
gymnasium zu Stuttgart.] 
t 2 Hansen, Peter Andreas, geh. 1795, gest. 1874; seit 1825 Direktor der Sternwarte 
auf dem Seeberge bei Gotha.]
	        
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