Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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kann. Der Beweis ist zwar nicht sehr schwer, aber doch auch nicht 
ganz leicht und auf jeden Fall in dieser oder einer andern Form 
unerläßlich. 
Leider werden mir jetzt meine Meditationen, die nur bei ganz 
freier Zeit recht gedeihen, durch das anhebende Kollegienlesen 
beschränkt. 
Unter herzlichen Grüßen an Ihre Frau Gemahlin und der Bitte, 
bald einmal durch einige Zeilen erfreut zu werden, stets 
Ihr ergebenster 
C. F. Gauß. 
Nr, 174. [Gerling an Gauß.] 
Marburg, den 16. Novbr. 1826. 
Ich schäme mich eigentlich, mit einem Briefe vor Ihnen zu 
erscheinen, verehrtester Herr Hofrat, denn noch nie habe ich so 
ungebührlich geschwiegen. Ihr lieber Brief vom 5. Novbr. vorigen 
Jahres erfreute uns sehr, und ich hatte ihn am 10. Novbr. schon 
beantwortet; diese Antwort ist aber damals nicht abgegangen und 
liegt noch unvollendet da. Es war nämlich in Ihrem Briefe von 
verschiedenen Gegenständen der Geometrie die Rede, die zu den 
Materialien Ihres größeren Werks über höhere Geodäsie gehören; 
dies veranlaßte mich, Ihnen einige Meditationen über elementaria, 
welche ich 1824 vor dem Prorektorate angefangen und 1825 nach 
demselben wieder aufgenommen hatte, zu überschreiben. Gerade 
aber, als ich das Ende davon niederschrieb, entdeckte ich noch 
eine Lücke, die ich vor Abgang meines Briefes noch zu vervoll 
ständigen wünschte, fing also unter Aufschiebung dieses Abgangs 
damit eifrigst an, wurde aber vor der Vollendung noch mit einer 
solchen Menge äußerlicher Hindernisse überhäuft, daß ich seit den 
letzten Weihnachtsferien bis jetzt zu einem eigentlich freien Nach 
denken nicht habe kommen können, und es für jetzt ganz habe 
aufgeben müssen, Ihnen etwas davon zu schreiben. — Strafen Sie 
mich nicht für dieses ungebührliche Stillschweigen und ent 
schuldigen Sie mich wenigstens mit dem guten Willen, nicht immer 
ganz mit leeren Händen vor Ihnen zu erscheinen. 
Ihr letzter Brief hatte uns besonders deshalb sehr erfreut, weil 
wir daraus ersahen, daß die längere Reise vorteilhaft auf Ihre und 
Ihrer Frau Gemahlin Gesundheit gewirkt hatte. Sehnlichst wünsche 
ich nun, wenn Sie mich nicht durch längeres Stillschweigen strafen 
wollen, von Ihnen zu hören, wie es Ihnen seitdem gegangen, und 
namentlich auch, wie es den lieben Ihrigen geht. Hat es Ihnen, wie 
Sie mir schreiben, in unserer Gegend gefallen, so haben wir ja wohl 
die Hoffnung, Sie einmal wieder bei uns zu sehen. Möge es dann 
aber doch nur auf längere Zeit geschehen! — Eigentlich hatte ich 
die stille Hoffnung, noch in den letzten Michaelisferien auf ein paar
	        
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