Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

Tage nach Göttingen reisen zu können, aber ich mußte dieselbe 
aufgeben und froh sein, nur einen Tag für meine Schwiegermutter 
in Melsungen herauszubringen. Künftiges Frühjahr in den Pfingst- 
ferien oder bald danach findet sich vielleicht aber selbst eine 
äußere Veranlassung, daß Sie uns besuchen, indem jetzt die Feier 
des 300jährigen Universitäts-Jubiläums vorbereitet wird; dazu 
werden dann wahrscheinlich auch Einladungen an auswärtige Uni 
versitäten ergehen, und ich hoffe, daß dies Ihnen vielleicht eine 
Veranlassung gebe, uns zu besuchen. 
In dem Férussacschenf 1 ] Bulletin habe ich einen Auszug aus 
einer Abhandlung von Ihnen in der Schumacherschen Sammlung[ 2 ] 
gelesen, woraus ich ersehe, daß Sie mit Publikationen Ihrer Metho 
den schon den Anfang gemacht haben; das Heft selbst ist mir aber 
noch nicht zu Gesicht gekommen; ich werde es hoffentlich aber 
nächstens erhalten. 
Sie erwähnten bei Ihrem Besuche, daß vielleicht einer Ihrer 
jüngeren Söhne demnächst hieher kommen könnte, und konnte ich 
Ihnen damals so detaillierte Nachrichten über das hiesige Päda 
gogium nicht geben, als ich wohl gewünscht hätte. Jetzt bin ich 
eher dazu imstande, da ich seit Neujahr als Dekan der philo 
sophischen Fakultät auch Mitglied der Pädagog[ium]s-Inspektion 
bin und also Gelegenheit gehabt habe, mich genau von dem Zustand 
der Anstalt zu unterrichten. Demnach halte ich dafür, daß die 
selbe, wenn auch immer noch vieles zu wünschen übrig bleibt, doch 
jetzt so beschaffen ist, daß man ihr mit Beruhigung ein Kind an 
vertrauen kann; es findet namentlich eine strenge Aufsicht statt. 
Eltern auswärtiger Schüler müssen damit anfangen, einen Bevoll 
mächtigten hier am Orte zu ernennen, welcher eventualiter ihre 
Stelle vertritt, und dazu würde ich mich Ihnen, wenn ich Ihnen da 
mit dienen könnte, mit der größten Freude erbieten. 
Bei uns geht es im ganzen gut. Meine Frau und Kinder sind 
gottlob gesund, und ich bin es seit den Michaelisferien auch wieder. 
Den Sommer über hatte ich mit hartnäckigen Brustbeschwerden zu 
kämpfen gehabt, die mich für die Zukunft besorgt machten, um so 
mehr, da ich die Brust stark zu brauchen habe, denn ich habe 
sehr viel zu lesen, d. h. viele Stunden vor wenig Zuhörern, und seit 
t 1 Férussac, André Etienne Just Paschal Joseph François Baron d’Audebard de, geh. 
1786, gest. 1836; französischer Offizier, dann Professor, schließlich Divisionschef im 
Handelsministerium zu Paris; gründete 1824 das „Bulletin des sciences et de l’industrie“.] 
[ 2 Astronomische Abhandlungen, herausgegeben von H. C. Schumacher; im dritten 
Heft erschien 1825 Gauß’ Abhandlung: „Allgemeine Auflösung der Aufgabe, die Teile 
einer gegebenen Fläche auf einer anderen gegebenen Fläche so abzuhilden, daß die 
Abbildung dem Abgebildeten in den kleinsten Teilen ähnlich wird“ (Beantwortung 
einer von der Kgl. Soc. d. Wiss. zu Kopenhagen gestellten Preisaufgabe). Wieder ab 
gedruckt in Gauß’ Werken, Bd. IV, S. 189—216. Zur Geschichte dieser Preisarbeit vgl. 
den Briefwechsel zwischen Gauß und Schumacher, Bd. 1, S. 131, 202, 267, 270, 297, 
299 ff.].
	        
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