Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Da ich von meinen Projekten, redete, erlauben Sie mir noch 
eine Frage. Beim Durchgehen Ihrer Kapillaritätsabhandlung [*], 
welche ich leider freilich keineswegs mich rühmen kann, mir bis 
jetzt ganz angeeignet zu haben, ist mir die Frage aufgestoßen, ob 
es nicht für Kenntnis der Kräfte zwischen den Elementen der 
Flüssigkeit von Nutzen sein sollte, die Zahl und Größe der Tropfen 
zu messen, welche unter sonst gleichen Umständen bei verschiede 
nen Flüssigkeiten in gegebener Zeit sich durch die Schwere los 
reißen. Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir gelegentlich 
Ihre Meinung über diesen Gedanken eröffneten. Die dazu nötigen 
Versuche glaube ich wohl zustande zu bringen. 
Von Kristallographie verstehe ich nicht viel mehr als nichts; 
jedesmal, daß ich einen Versuch gemacht habe, etwas davon zu 
lernen, schreckten mich die zu Führern genommenen Bücher ab, 
und dann traten wieder Unterbrechungen ein. — H[essel] ist über 
seine Abhandlung in dem Wörterbuch selbst sehr entrüstet. Er 
hat die Gewohnheit, seine Manuskripte auf numerierte Zettel zu 
schreiben; die sind in der Druckerei in Unordnung geraten, und 
Freund Muncke, welcher die Korrektur mit zuvorkommendem 
Eifer übernommen haben soll, soll dies dann übersehen haben. 
Von den Kupfertafeln haben, wie ich höre, einige ganz und gar 
aus ähnlicher Ursache weggeworfen werden müssen. Er hat nun 
einem besonderen Abdruck (sub titulo Kristallogr [aphie] v.H[essel]) 
alle nötigen Korrekturen beigefügt; aber auch dadurch wird schwer 
lich die eigentliche Brauchbarkeit ganz hergestellt sein. 
Meine Fortinsche[ 2 ] Toise[ 3 ] ist nun endlich nach jahrelangen 
Bemühungen und kuriosen Abenteuern, deren Erzählung hier zu 
weitläuftig sein würde, endlich gestern auch glücklich in meine 
Hände gekommen. — Arago[ 4 ] scheint ganz in den politicis unter 
getaucht. Mathieu[ 5 ] aber hat sich mir (sowie auch Fortin selbst) 
dabei als ordentlich und gefällig bewiesen. 
t 1 Principia generalia tbeoriae figurae fluidorum in statu aequilibrii; Comm. soc^ 
reg. scient. Gott, ree.. Bd. VII, 1833; wiederabgedruckt in Gauß’ Werken, Bd. V, 
S. 29—77. Gauß’ Anzeige dieser Schrift in den Gott. Gel. Anz. vom 12. Oktober 1829, 
Stück 165, S. 1641—1648, ist abgedrnckt ebendaselbst S. 287—292.] 
t 2 Fortin, geb. 1750, gest. 1831, Mechaniker in Paris, Mitglied des Bureau des 
Longitudes, berühmt durch viele sehr vollkommen gearbeitete Instrumente.] 
[ 3 Der Maßstab befindet sich noch heute im physikalischen Institut d. Univ. 
Marburg.] 
[ 4 Arago, Dominique François Jean, geb. 1786, gest. 1853, Astronom der Pariser 
Sternwarte, Prof. d. Mathematik an der École polytechnique, Sekretär des Bureau des 
Longitudes, setzte mit Biot die französische Gradmessung von Barcelona bis Fermentera 
fort.] 
[ 3 Mathieu, Claude Louis, geb. 1783, gest. 1875; Astronom am Bureau des Longi 
tudes u. Professor am Collège de France; Schwager von Arago.] 
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