— 372
Doch genug und vielleicht schon zu viel. Leben Sie wohl,
empfehlen mich den Ihrigen, erhalten mir Ihre Liebe und geben
mir bald einmal wieder gute Nachricht.
Mit bekannten Gesinnungen
der Ihrige
Gerling.
Die Anlagen sind Sie ja wohl so gütig an ihre Adressen ge
langen zu lassen.
Nr, 202, [Gerling an Gauß.]
Marburg, den 11. Julius 1831.
Meiner vor wenigen Tagen erst an Sie gerichteten Bitte, Sie
eventuell um Ihren freundlichen Rat in der Tübinger Angelegen
heit bitten zu dürfen, folgt die Ausführung sehr bald.
Ich erhielt nämlich gestern, gerade an meinem 43. Geburtstage,
die anliegenden Briefe von Schräder[ x ], welche ich so frei bin.
Ihnen sub petito remissionis hier im Original anzuschließen, und
es kommt nun meines Erachtens zunächst darauf an, eine verstän
dige und angemessene Antwort zu geben, ohne noch vorerst be
stimmte Verpflichtungen einzugehen oder gar die bestehenden zu
verletzen.
Im allgemeinen kann ich wohl sagen, daß ich nicht abgeneigt
bin, einem Ruf nach T [übingen] zu folgen, denn es sind manche
Umstände dabei, die mich sehr anlocken, z. B. die Sternwarte und die
Vermessungsarbeiten (?), obwohl auch auf der anderen Seite vieles
entgegensteht, wozu ich namentlich den harten Kampf rechne,
welchen es mich und die Meinigen kosten würde, von den grünen
hessischen Bergen, zwischen denen ich nun schon beinahe 20 Jahre
wohne, auf immer Abschied zu nehmen. — Aber es wäre unrecht,
sowohl einerseits gleich ablehnend zu antworten, als andererseits
eine Verpflichtung einzugehen, besonders ehe ich irgendeine
Kenntnis habe, ob und welchen Wert meine jetzige Behörde auf
meine Dienste legt.
Die weitere Frage: unter welchen Bedingungen ich geneigt sei?
setzt mich eben einigermaßen in Verlegenheit. — Ich bin weit ent
fernt, in solchen Dingen das pekuniäre Interesse obenan zu stellen,
halte es aber auch für wahre Pflicht gegen meine Familie, es nicht
zu vernachlässigen, besonders da ich bei dem damaligen Dorpatschen
Ruf[ 2 ] (der mir, wenn ich ihn angenommen hätte, jetzt schon mehr
[} Schräder, Heinrich Eduard Siegfried, geh. 1779, gest. 1860; im Jahre 1810
Professor d. Rechte a. d. Univ. Marburg, die er im gleichen Jahre verließ, um nach
Tübingen überzusiedeln.]
[ 2 Vergl. Brief Nr. 112, S. 193.]