Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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Im Dezemberheft der monatl. Korresp. vom vorigen Jahr er 
klärt P. Mollweidef 1 ] den gewöhnlichen Beweis für die Oberfläche 
der sphärischen Dreiecke für unstatthaft, indem dabei zwei Drei 
ecke als gleich gebraucht werden, die drei gleiche Seiten haben, 
aber wegen verschiedener Lage derselben nicht kongruent sein 
können, dieser Satz aber in den sphärischen Trigonometrien nicht 
vorkommt. Ich habe von diesem Satze einen Beweis gefunden, der 
mir sehr einfach zu sein scheint. Es ist folgender: Zwei solche Drei 
ecke entstehen immer, wenn man die das eine bildenden Kugel 
radien, jenseits des Mittelpunkts verlängert. Legt man nun durch 
die Winkelpunkte beider Dreiecke Ebenen, so erhellt sehr leicht, 
daß sie parallel sind, und daraus folgt dann gleichfalls sehr leicht, 
daß sie gleich weit vom Mittelpunkte abstehen. — Sie beschreiben 
also auf der Kugel kongruente kleine Kreise und kongruente Ober 
flächensegmente, und die Dreiecke entstehen, wenn man von diesen 
kongruenten Oberflächensegmenten die drei Zweiecke abzieht, die 
von gleichen Bögen der kleinen Kreise und von den gleichen Drei 
eckseiten begrenzt werden; diese Zweiecke sind aber kongruent, wie 
aus der Konstruktion leicht erhellt, also auch die Dreiecke gleich. 
Nicolai [ 2 ] hat mir vor einigen Tagen ein Verzeichnis von 
Schreib- und Druckfehlern in meiner Dissertation überschickt und 
mich dadurch darauf aufmerksam gemacht, daß gerade in Ihrer 
Auflösung des Probl. VIII zwei Vorkommen. Ich bitte Sie deswegen 
recht sehr um Verzeihung. — Ich habe diese Druckfehler sowie 
obigen Satz in der vorigen Woche dem Hrn. v. Lindenau geschickt, 
vielleicht ist er so gut, sie in der monatl. Korr, bekanntzumachen, 
wenn er es der Mühe wert hält[ 3 ]. 
Ich schließe mit der Bitte um die Fortdauer Ihres Andenkens 
und Ihrer Gewogenheit. 
ganz ergebenster 
Gerling. 
Nr. 14. [Gauß an Gerling.] 
Göttingen, 18. April 1813. 
Ich bin Ihnen, liebster Freund, noch für vielfache Gefälligkeit 
meinen ergebensten Dank schuldig, für das Einkassieren der Ordens- 
ü 1 Mollweide, Karl Brandan, geh 1774, gest. 1825; seit 1811 Professor der Mathe 
matik an der Universität Leipzig.] 
[ 2 Nicolai, Friedrich Bernhard Gottfried, geh. 1793, gest. 1846; Adjunkt der Stern 
warte auf dem Seeberg, später Direktor der Sternwarte zu Mannheim.] 
[ 3 Erschien unter dem Titel: „Auszug aus einem Schreiben des Herrn Professor 
Gerling“ in der „Monatlichen Correspondenz“, Bd. 27, S. 294; 1813. Vgl. auch die 
Note x ) zu Brief Nr. 5, S. 2.] 
Briefwechsel Gauß und Gerling. 2
	        
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