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gleich wird dabei bemerkt, daß eine sehr kränkende Kritik dieser
Abhandlung in No. 41 eines andern russischen Journals*) Сынъ
отечества (Sohn des Vaterlandes) von 1834 stehe, wogegen Lob ät
sch [efsky] eine Antikritik eingeschickt habe, die aber bis Anfang
1835 nicht aufgenommen sei.
Mit diesen literarischen Notizen ist uns nun freilich auch wenig
geholfen, da in Deutschland schwerlich ein Exemplar des Kasan-
schen Boten von 1828/1829 zu finden sein möchte. Dagegen aber
kann ich Ihnen den Titel einer andern Schrift nach weisen, die Sie
ohne Zweifel sehr leicht durch den Buchhandel erhalten können
und die nur 4 Bogen stark ist:
„Geometrische Untersuchungen zur Theorie der Parallel-Linien
von Nicolaus Lobatschefsky, Kais [erlich] russischem Staatsrat etc.“
Berlin 1840 in der G. Finckeschen Buchhandlung.
Ich erinnere mich, in Gersdorfs Repertorium damals eine sehr weg
werfende Rezension dieses Buches gesehen zu haben, die (nämlich
die Rezension) übrigens für jeden etwas kundigen Leser das Ge
präge hatte, von einem ganz unwissenden Menschen herzurühren.
Seitdem ich Gelegenheit gehabt habe, diese kleine Schrift selbst
einzusehen, muß ich ein sehr vorteilhaftes Urteil darüber fällen.
Namentlich hat sie vielmehr Konzinnität und Präzision, als die
großem Aufsätze des Lobatsch [efsky], die mehr einem verworrenen
Walde gleichen, durch den es, ohne alle Bäume erst einzeln kennen
gelernt zu haben, schwer ist, einen Durchgang und Übersicht zu
finden.
Über die Grelle 17, p. 303 angeführte experimentelle Begren
zung habe ich aber nichts in der Schrift von 1840 gefunden und
ich werde mich daher wohl entschließen müssen, einmal deswegen
an Hrn. Lobatschefsky selbst zu schreiben, dessen Aufnahme als
Korrespondent unserer Sozietät ich vor einem Jahre veranlaßt habe.
Vielleicht schickt er mir dann den Kasanschen Boten. Doch wäre
es möglich, daß sich in den folgenden Jahrgängen der Kasanschen
gelehrten Schriften von 1836—1838, wo auch lange Aufsätze von
Lobatsch [efsky] stehen, etwas darüber findet. Ich besitze diese zwar,
habe aber bisher, aus den in meinem vorigen Briefe erwähnten
Gründen, mich bisher nicht näher mit ihnen bekanntgemacht.
In seinem Danksagungsschreiben wegen Aufnahme in die
Sozietät schrieb mir übrigens Lob[atschefsky] damals, daß seine
vielen administrativen Geschäfte (er scheint rector perpetuus der
Universität] zu sein) ihn jetzt aus den wissenschaftlichen Arbeiten
ganz herausgebracht hätten.
Für heute schließe ich mit der Bitte, bald wieder mit einigen
Zeilen zu erfreuen Ihren treu ergebenen
C. F. Gauß.
*) Wie ich vermute, in Petersburg erscheinend.