Full text: Briefwechsel zwischen Carl Friedrich Gauss und Christian Ludwig Gerling

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abgekürzten Methode noch mehr zu erfreuen und sie mir recht zu 
eigen zu machen. 
Mit dem Studium Ihrer Abhandlung über die elliptischen 
Sphäroide bin ich jetzt endlich nach mancherlei Abhaltungen und 
Unterbrechungen zu Ende gekommen. Sie hat mir überaus viele 
Freude gemacht; ich bin auch so glücklich gewesen, die Schwierig 
keiten, die mir darin aufstießen, nach und nach zu überwinden, 
bis auf zwei, deren Auflösung mir durch meine zu große Un 
erfahrenheit in der Integralrechnung unmöglich gemacht ward. 
Die erste ist § 12 am Ende, wo ich den Ausdruck 
integrieren konnte; die andere war ganz am Ende, wo die Aus 
drücke 
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zu integrieren sind. 
Die Schwierigkeit, die ich § 9 fand, beruhete bloß auf einem 
Mißverständnis, das mir nachher selbst auffiel. Sollten Sie also 
nicht zu sehr dadurch beschwert werden und einen müßigen Augen 
blick dazu finden, so möchte ich wohl so frei sein, Sie zu ersuchen, 
mir hierzu die nötigen Fingerzeige zu geben. — § 13 sagen Sie, daß 
sich die Aufgabe: „die Dimensionen eines Ellipsoids von gegebenen 
Brennpunkten, das durch einen gegebenen Punkt geht, zu be 
stimmen,“ auf eine kubische Gleichung zurückführen lasse; ich bin 
bis jetzt immer auf eine biquadratische gekommen; will aber die 
Versuche noch wiederholen. 
Der Unterricht, den ich jetzt außer den Schulstunden dem 
Prinzen Friedrich in der Mathematik erteile, ist als eine bloße 
Privatstunde zu betrachten. Der Knabe scheint recht gute Anlagen 
zu haben und hat auch für sein Alter (IOV2 Jahr) schon einen 
ziemlich guten Anfang gemacht. Wenigstens hat er schon eine ganze 
Menge von Sätzen, besonders geometrischen, gehabt. Es fehlt ihm 
aber bis jetzt noch ganz an einer systematischen Vorstellungsart; 
ich habe also wieder von vorne mit ihm angefangen und gehe nun 
sehr langsam, um ihm allmählig den Sinn für Ordnung in seinen 
Kenntnissen beizubringen. Die Stunden, in denen nichts als die 
allerersten Anfangsgründe Vorkommen können, machen mir nur 
insofern Vergnügen, als ich hoffe, gerade bei diesem Schüler mehr 
wie bei einem andern durch Ordnung seiner Begriffe Nutzen zu 
stiften. — Auf meine sonstigen Verhältnisse hat dieser Unterricht 
durchaus keinen Einfluß und diese sind jetzt wirklich höchst un-
	        
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