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XII. Die Sätze von Menelaus, Cera und vom
vollständigen Tierseite und ihr Zusammenhang
durch das Unendliche. 1 )
In der Geometrie pflegt man als äußerste Fälle oft diejenigen anzuführen,
für welche gegebene Stücke unendlich oder gleich Null werden; nicht selten
auch gibt man für letzteren Wert den Wert „unendlichklein“ an. Es kommt
vor, daß für solche äußersten Fälle ein sonst gültiger Satz unrichtig oder nur
unter gewissen Umständen richtig erscheint, so daß verwunderlicherweise für
scheinbar allgemeine Sätze besondere Untersuchungen nötig werden. Bisweilen
drängt sich auch der Wunsch auf, nahe verwandte Sätze mit Hilfe solcher
äußersten Fälle ineinander übergehen zu lassen, ohne daß man ihn bisher er
füllen konnte. Die zu so verschiedener Zeit gefundenen und offenbar nahe ver
wandten Sätze von Menelaus und Ceva benutzt man nicht selten, auch im
Schulunterrichte, um daraus den Satz vom vollständigen Vierseite und die Sätze
über die besonderen Punkte im Dreiecke abzuleiten, anstatt von vornherein
harmonische Strahlenbüschel zu verwenden. Ich möchte hier durch die „Be-
haftnng“ jener Sätze mit dem Unendlichen, unter Benutzung der anschaulichen
Auffassung unendlicher Größen verschiedener Grade, jene drei Sätze nicht äußer
lich bei derselben Dreiecksfigar anwenden, sondern ineinander übergehen lassen
und dabei auch diese Auffassung des Unendlichen für harmonische Strahlen
büschel verwenden.
Wiewohl es möglich wäre, auch für unendlich große oder unendlichkleine
Dreiecke die Sätze auszuführen, will ich mich hier auf endliche Dreiecke be
schränken, bei denen Teilstücke der Seiten oder der Transversalen unendlich-
groß (oo) oder unendlichklein (angedeutet durch S) werden.
Wird beim Satze des Menelaus eine Quertransversale DF (Fig. 18)
parallel für das Endliche zu einer Dreieckseite AG gewählt, von der sie endlichen
Abstand hat, so kann sie die Verlängerung von AC in einem Punkte E, der
unendlich entfernt ist, schneiden. Nimmt man an, daß auch hierfür der Satz
des Menelaus gilt, so müßten danach die folgenden Produkte von Maßzahlen
gleich sein:
AD ■ BF ■ CE — BD ■ CF ■ AE
oder AD ■ BF ■ oo l = BD ■ CF ■ oo 2 .
*) Zuerst veröffentlicht in Prof. Pietzkers Unterrichtsblättern f. M. u. N.
0. Salle, Berlin, VIII, 1902 Nr. 4.