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XT. Die Asymptote der ebenen Hyperbel und das
Unendliche. J ) Die Asymptoten der Parabel und
unendlichen Ellipse.
Bei der Betrachtung' der Hyperbel tritt das Unendliche in einer auffälligen
und zum Nachdenken anregenden Weise auch an den Schüler heran. Wiewohl
derselbe schon oft Gelegenheit hatte sich damit zu beschäftigen, namentlich
beim Parallelenproblem, dem Satze von der Seitensumme, dem in das Unendliche
rückenden äußeren Teilpunkte einer harmonisch zu teilenden Strecke usw., so
gerät er doch in Erstaunen über die Asymptote, diese Gerade, welche keine
Tangente ist und doch in ihren Eigenschaften eine solche sein möchte, welche nie
mals schneidet und sich doch immer mehr nähert, welche niemals parallel ist und
doch der immer mehr wie eine Gerade in das Unendliche rückenden Hyperbel
wie eine Parallele nahe kommt. Das sind sonderbare Ausdrücke für jemand,
der gewohnt ist in der Mathematik ganz exakt, bestimmt und ohne Schwanken
zu sprechen, und doch scheint die Sache zu solchen Ausdrücken herauszufordern,
wenn auch der Weg ganz klar und mathematisch ist, der zur Vorstellung der
Asymptote hinführt. Da ich im Folgenden versuchen will, mittels meiner
neueren Auffassung des Unendlichen, der Lehre von den „Weitenbehaftungen“,
die Asymptote zu behandeln, so will ich zunächst in der bekannten Art auf
die Zeichnung dieser Linie bei der Hyperbel hinweisen, um mich mit den dabei
vorkommenden Gedanken weiter zu beschäftigen.
Es sei, in Fig. 30, um Punkt F x mit dem Radius 2 a, man wähle z. B.
5 cm, der Leitkreis beschrieben und von F x aus auf der Geraden F X F 2 z. B.
eine Strecke von 5 beliebigen gleichen Einheiten und in deren Endpunkte senk
recht eine solche von 4 derartigen Einheiten hergestellt, um die Gerade F X D
zu erhalten, welche einen Winkel « mit F X F 2 bilden möge, so daß tan a = 4 / 5
ist. Ist F> der Schnittpunkt mit dem 2 a-Kreise und zeichnet man daselbst die
Tangente, so erhält man F 2 . Sollen nun F 1 und F 2 die Brennpunkte einer
Hyperbel werden, so kann man beliebig viele Punkte F finden, die auf dem
einen Zweige der Hyperbel liegen, die also die Eigenschaft haben, daß
PF 1 — PF 2 = 2a ist. Verbindet man irgend einen Punkt des Leitkreises
z. B. S mit F 2 , errichtet auf dieser Strecke das Mittellot und verlängert dann
4 ) Zuerst veröffentlicht in Schottens Zeitschr. f. niathera. u. naturw. ünterr.
Teubner. 34. Jahrg. Heft 5; 7. Juli 1903,