Einleitung.
(Einführung in die Lehre von den Weitenbehaftungen.)
Die geometrischen Vorstellungen lehnen sich zum Teil an die sinnlichen
Wahrnehmungen au, welche uns das Bild der räumlichen Natur liefern. Zwar
nehmen wir in der Natur nicht Punkte, gerade Linien usw. direkt wahr, viel
mehr bilden wir die reinen Vorstellungen der Geometrie selbst, nachdem wir
sinnliche Wahrnehmungen im Verlaufe der Kindheit und später erhalten haben.
Aber wir pflegen doch in den durch sinnliche Wahrnehmungen vermittelten
Bildern der Welt uns geometrische Elemente wie die Punkte und die Linien
vorzustellen und mit ihrer Hilfe scharfe Unterscheidungen in unserer Vorstellung
der Raumwelt zu machen.
Ein einfacher mathematischer Körper wie etwa der Würfel, wird in mathe
matischer Reinheit vorgestellt; wir besitzen eine Fähigkeit der Begren
zung, d. h. können uns in den Bildern der sinnlichen Wahrnehmung und in
den nichtsinnlichen, nachträglichen Vorstellungen derselben begrenzte Körper,
begrenzte Flächen und begrenzte Linien vorstelleu. Diese Begrenzung geschieht
tatsächlich durch Gebilde, welche sich von den zu begrenzenden Vorstellungen
wesentlich unterscheiden; eine Fläche als Grenze des Körpers z. B. ist etwas
wesentlich anderes als der Körper seihst.
Es liegt eine Sonderbarkeit darin, daß mau den Punkt, die Begrenzung
der Linie, etwa wie bisher gewöhnlich als ausdehnungslos definieren will. Denn
dem Raume kommt als wichtige, wesentliche Eigenschaft die Ausdehnung zu;
der Punkt aber soll als Element, als Raumpunkt zum Raume gehören; man
wird ihm darum nicht gern jene wesentliche Eigenschaft ahsprecheu. Auch
andere Gründe lassen sich für die folgende Auffassung der räumlichen Elemente
anfübren; sicherlich aber führt dieselbe zu einer widerspruchslosen Entwicklung
geometrischer Lehren.
Geißler, Kegelschnitte.
1