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Ein Grundelement soll aber nach dem einleitenden Teile eine be
liebige gegebene erste Form oder alle mit ihr identischen Formen
sein (S. 58). Die Definition des Punktes aber lautet: „Das Grund
element, aus welchen sich die Formen zusammensetzen, ist durch
die oben erwähnte besondere Vorstellung (die empirische ist ge
meint) gegeben und heisst Punkt.“ Die Axiome aber definieren
bei ihm die Dinge auch: „Die Axiome (S. XVII) müssen Eigen
schaften der Anschauung zum Ausdrucke bringen, gerade weil die
Grundbedingung der Geometrie die Raumanschauung ist, d. h. sie
müssen ein klares Bild der Dinge, welche sie definieren, geben.
Zu diesem Zwecke haben wir jedem Axiom empirische Betrach
tungen vorausgehen lassen, welche jedoch der Bedingung VI ent
sprechend als nötige Elemente in der Auffassung der Axiome und
ihren Folgerungen nicht auftreten.“ Sein Axiom für den Punkt
ist: „Axiom I. Es gibt verschiedene Punkte. Alle Punkte sind
identisch.“
Das Buch Veroneses wird sehr gerühmt und benutzt. Hilbert
(Göttingen), der Veronese bereits in der ersten Auflage seiner
Grundlagen 1899 zitiert, übernimmt, wie es scheint, in seinen viel
besprochenen Grundlagen der Geometrie 1 dies Verfahren, lässt aber
derart zweifelhafte „philosophische“ Bemerkungen fort. Er schafft
sich aber dadurch freies Feld, dass er die Elemente mit noch all
gemeineren Ausdrücken, durch „Denken“ und „System“ erklärt und
dann gewisse Beziehungen zwischen ihnen genauer und vollstän
diger beschreiben will durch die Axiome. Es heisst sofort: „Wir
denken drei verschiedene Systeme von Dingen: die Dinge des ersten
Systems nennen wir Punkte und bezeichnen sie mit A, B, C . ..;
die Dinge des zweiten Systems nennen wir Gerade usw.“, „die
Punkte heissen auch die Elemente der linearen Geometrie, die
Punkte und Geraden heissen die Elemente der ebenen Geometrie
und die Punkte, Geraden und Ebenen heissen die Elemente der
räumlichen Geometrie oder des Raumes“. Um die Bedeutung von
„Denken“, „System“, „Ding“, soll man sich vorerst also gar nicht
kümmern. „Wir denken die Punkte, Geraden, Ebenen in gewissen
(!) gegenseitigen Beziehungen und bezeichnen (!) diese Beziehungen
durch Worte (!) wie „liegen“, „zwischen“, „parallel“, „kongruent“,
„stetig“ ; die genaue und vollständige Beschreibung dieser Bezie
hungen erfolgt durch die Axiome der Geometrie.“ Solches Ver-
1 Zweite Auflage, Teubner, Leipzig 1903.