Full text: Moderne Verirrungen auf philosophisch-mathematischen Gebieten

21 
Ein Grundelement soll aber nach dem einleitenden Teile eine be 
liebige gegebene erste Form oder alle mit ihr identischen Formen 
sein (S. 58). Die Definition des Punktes aber lautet: „Das Grund 
element, aus welchen sich die Formen zusammensetzen, ist durch 
die oben erwähnte besondere Vorstellung (die empirische ist ge 
meint) gegeben und heisst Punkt.“ Die Axiome aber definieren 
bei ihm die Dinge auch: „Die Axiome (S. XVII) müssen Eigen 
schaften der Anschauung zum Ausdrucke bringen, gerade weil die 
Grundbedingung der Geometrie die Raumanschauung ist, d. h. sie 
müssen ein klares Bild der Dinge, welche sie definieren, geben. 
Zu diesem Zwecke haben wir jedem Axiom empirische Betrach 
tungen vorausgehen lassen, welche jedoch der Bedingung VI ent 
sprechend als nötige Elemente in der Auffassung der Axiome und 
ihren Folgerungen nicht auftreten.“ Sein Axiom für den Punkt 
ist: „Axiom I. Es gibt verschiedene Punkte. Alle Punkte sind 
identisch.“ 
Das Buch Veroneses wird sehr gerühmt und benutzt. Hilbert 
(Göttingen), der Veronese bereits in der ersten Auflage seiner 
Grundlagen 1899 zitiert, übernimmt, wie es scheint, in seinen viel 
besprochenen Grundlagen der Geometrie 1 dies Verfahren, lässt aber 
derart zweifelhafte „philosophische“ Bemerkungen fort. Er schafft 
sich aber dadurch freies Feld, dass er die Elemente mit noch all 
gemeineren Ausdrücken, durch „Denken“ und „System“ erklärt und 
dann gewisse Beziehungen zwischen ihnen genauer und vollstän 
diger beschreiben will durch die Axiome. Es heisst sofort: „Wir 
denken drei verschiedene Systeme von Dingen: die Dinge des ersten 
Systems nennen wir Punkte und bezeichnen sie mit A, B, C . ..; 
die Dinge des zweiten Systems nennen wir Gerade usw.“, „die 
Punkte heissen auch die Elemente der linearen Geometrie, die 
Punkte und Geraden heissen die Elemente der ebenen Geometrie 
und die Punkte, Geraden und Ebenen heissen die Elemente der 
räumlichen Geometrie oder des Raumes“. Um die Bedeutung von 
„Denken“, „System“, „Ding“, soll man sich vorerst also gar nicht 
kümmern. „Wir denken die Punkte, Geraden, Ebenen in gewissen 
(!) gegenseitigen Beziehungen und bezeichnen (!) diese Beziehungen 
durch Worte (!) wie „liegen“, „zwischen“, „parallel“, „kongruent“, 
„stetig“ ; die genaue und vollständige Beschreibung dieser Bezie 
hungen erfolgt durch die Axiome der Geometrie.“ Solches Ver- 
1 Zweite Auflage, Teubner, Leipzig 1903.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.