liehen ein bedeutender Fortschritt stattgefunden hat, ist ohne
Frage, wenn man auch später noch oft wieder Definitionen begegnet,
wie, Parallele seien solche, die einerlei Richtung, oder auch, die
einerlei Lage haben. Fs zeigt sich dabei immer wieder, dass in
dem Begriffe von einerlei Lage die Schwierigkeit nur bemäntelt
oder verwässert ist und bei irgendwie genauerer Vorstel
lung wieder zutage kommt, namentlich bei dem Versuche, das
Axiom von der einzigen Parallelen durch einen Punkt zu einer
Geraden (oder den Satz von der Winkelsumme im Dreieck) zu
beweisen. Da die Literatur über das Parallelenaxiom eine unge
heure ist, so ist es auch begreiflich, dass man den Streit um die
Richtigkeit der Definition überall und immer wieder findet. Und
das gilt bis zum heutigen Tage. Dass der Streit „in diesem Jahr
hundert seinen Abschluss gefunden“ habe (wie Engel und Stäckel
in der Theorie der Parallellinien, 1895 Leipzig, Teubner, S. 189
behaupten), ist durchaus nur für einen Teil der Mathematiker
gültig, die sich auf die Seite der nichteuklidischen Geometrien
stellen, nicht aber für die anderen oder gar für die Wissenschaft
überhaupt (Mathematik und Philosophie). Legendre hat am Schlüsse
seiner Parallelentheorie 1833 ganz ebenso gesagt, die Theorie
habe durch seine Untersuchungen nach zweitausend Jahren ver
geblicher Bemühungen endlich einen befriedigenden Abschluss ge
funden. Das wäre ein verzeihlicher Irrtum (sagen Engel u. St., S.
213) obgleich weder die Ergebnisse noch die Methoden als wesent
licher Fortschritt gegenüber Wallis, Saccheri und Lambert be
zeichnet werden könnten. Nun, Legendres Elemente haben durch
ihre grosse Verbreitung die Schriften jener älteren für lange Zeit
in Vergessenheit gebracht; es ist aber nicht nötig, dass die An
sicht der für die nichteuklidische Geometrie eingenommenen Mathe
matiker trotz der grossen Anstrengungen, die sie gemacht haben
und machen, einen zeitweiligen Sieg erringt.
Die Begründer der sogenannten nichteuklidischen Geometrien
stellten unter Nachahmung von Annahmen, welche andere wie
Saccheri längst vor ihnen versuchsweise, ohne an ihre Richtigkeit
zu • glauben, (zum Beweise der Richtigkeit von Euklids Axiom)
gemacht hatten, als richtige mögliche Fälle hin, dass es in
einer Geometrie zn einer Geraden durch einen äusseren Punkt
gar keine Parallele gebe oder auch zwei. Im übrigen könnten die
Eigenschaften unseres Raumes dieselben bleiben, nur alle Folge
rungen aus der anderen Gestaltung des Parallelensatzes würden